Irreführung durch beworbene Klimaneutralität?

QR-Code in Zeitschrift genügt Informationspflicht

Irreführende Werbung im Rahmen von Werbung mit Klimaneutralität: Worauf muss man achten, wenn man ein Produkt damit bewirbt, dass es „klimaneutral“ ist?

Veröffentlicht am: 12.07.2023
Qualifikation: Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in Hamburg
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Unter welchen Umständen eine solche Werbung in Ordnung ist und wann die Grenze zur irreführenden Werbung überschritten ist, musste das Oberlandesgericht Düsseldorf vergangene Woche klären (OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.07.2023 – I-20 U 152/22 (Katjes). Anlass zur Klärung dieser Frage gab eine Unterlassungsklage der Wettbewerbszentrale gegen den Fruchtgummihersteller Katjes. Letzterer bewarb eines seiner Produkte in einer Zeitschrift mit dem Hinweis auf Klimaneutralität und einem Verweis auf die Webseite des Herstellers. Aus Sicht der Wettbewerbszentrale sei für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht klar, weshalb das beworbene Produkt klimaneutral sein sollte.

Irreführende Werbung ist verboten!

Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verbietet gemäß § 5 UWG irreführende geschäftliche Handlungen. Davon umfasst ist auch irreführende Werbung. Eine solche Irreführung läge dem OLG Düsseldorf zufolge vor, „wenn das Verständnis, das eine Angabe in dem angesprochenen Verkehrskreis erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt.“ Daher galt zunächst zu klären, wie Verbraucherinnen und Verbraucher den Begriff „klimaneutral“ verstehen.

Was bedeutet eigentlich „klimaneutral“?

Werbung, die ein Produkt als „klimaneutral“ auszeichnet, führt nicht per se zu einer Irreführung der Verbraucher, so die Düsseldorfer Richter. Abzustellen sei vielmehr darauf, wie ein durchschnittlicher Verbraucher den Begriff „klimaneutral“ verstehen würde.

Den Richtern zufolge verstehe der durchschnittliche Verbraucher unter Klimaneutralität eine ausgeglichene Bilanz der CO2-Emissionen eines Produktes. Dabei sei Verbraucherinnen und Verbrauchern – laut Gericht – bekannt, dass eine Klimaneutralität neben der Vermeidung auch durch Kompensationsmaßnahmen wie z.B. Zertifikatehandel erlangt werden kann.

Klimaneutrale Flugreisen – ein Oxymoron?

Diese Feststellung wurde darauf gestützt, dass bekanntermaßen auch Waren und Dienstleistungen mit Klimaneutralität beworben werden, die ihrem Wesen nach schon gar nicht emissionsfrei erbracht werden können (z.B. Flugreisen). Bei solchen Produkten oder Dienstleistungen könne eine Klimaneutralität einzig und allein durch Kompensationszahlung erreicht werden. Im Ergebnis bedeutet „klimaneutral“ eben nicht zwingend auch emissionsfrei.

Irrelevant sei in den Augen der Richter, ob sich die Werbung mit Klimaneutralität nur auf ein einzelnes Produkt beziehe oder auf das gesamte Unternehmen.

Umstände der Klimaneutralität von besonderem Interesse

Allerdings kann sich bei beworbener Klimaneutralität ein Anspruch auf Unterlassung daraus ergeben, dass der Werbetreibende seine Informationspflicht verletzt. Das kann der Fall sein, wenn er Verbraucherinnen und Verbrauchern wesentliche Informationen vorenthält.

Darunter falle auch die Information darüber, auf welchem Weg die Klimaneutralität des beworbenen Produktes erzielt wurde. Grund dafür sei die zunehmende gesellschaftliche Relevanz des Klimaschutzes, wodurch eine beworbene Klimaneutralität die Kaufentscheidung von Verbraucherinnen und Verbrauchern maßgeblich beeinflussen könnte.

Urteil: Keine irreführende Werbung durch Katjes

Besonders vor dem Hintergrund, dass allgemein bekannt sei, dass eine ausgeglichene Klimabilanz auch bloß eine Folge von Kompensationszahlungen sein kann, hätten Verbraucherinnen und Verbraucher ein berechtigtes Interesse daran, über die grundlegenden Umstände der Klimaneutralität aufgeklärt zu werden.

Katjes kam den Düsseldorfer Richtern zufolge seiner Informationspflicht in ausreichender Weise dadurch nach, dass die betroffene Anzeige in der Zeitschrift einen QR-Code enthielt, über welchen Verbraucherinnen und Verbraucher auf die Webseite „ClimatePartner.com" gelangten, auf der alle erforderlichen Informationen bereitgestellt wurden. Aufgrund des begrenzten Platzes einer Zeitschriftenanzeige genüge unter diesen Umständen, dass alle notwendigen Informationen dank eines eindeutigen Hinweises auf einer Webseite auffindbar sind.

Im Ergebnis wies das Oberlandesgericht die Unterlassungsklage der Wettbewerbszentrale (§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG) gegen Katjes ab.