Irreführende Werbung mit „regionalen Höfen“

Wo hört Regionalität auf?

Hat das tatsächlich noch etwas mit Regionalität zu tun oder handelt es sich vielmehr um irreführende Werbung?

Veröffentlicht am: 05.12.2023
Von: Anna-Maria Blömer
Qualifikation: Wissenschaftliche Mitarbeiterin in Hamburg
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Diese Frage stellte sich der Bundesgerichtshof (BGH) zu folgendem Sachverhalt: Das Hähnchen hat sein gesamtes Leben auf einem Hof in Sachsen-Anhalt verbracht. Verkauft, und mit der Werbeaussage "von regionalen Höfen" beworben, wurde es dann in Stuttgart. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg forderte, dass Wiesenhof mit der Aussage „von regionalen Höfen“ keine Werbung mehr machen dürfe, wenn das Hähnchen in Stuttgart verkauft wird, aber ursprünglich aus Sachsenanhalt kommt.

Ob der BGH diese Ansicht teilte und die Werbeaussage in diesem Zusammenhang als irreführende Werbung verboten hat, beleuchten wir in diesem Beitrag.

Werbung mit Regionalität  auch im anderen Bundesland?

Auf der Verpackung eines Hähnchenprodukts stand geschrieben: „Deutsches Geflügel von regionalen Höfen". Verkauft wurde dieses Produkt von Wiesenhof unter anderem in Stuttgarter Supermärkten. Das Fleisch in der Verpackung stammte jedoch aus Sachsenanhalt. Handelt es sich bei dem Hähnchen, das in Sachsenanhalt produziert wurde und in Stuttgart (Baden-Württemberg) verkauft wird, noch um ein Produkt „von regionalen Höfen“?

Vorsicht! Abmahnung bei verbotener Werbung

Der Hinweis, dass der Inhalt der Verpackung aus Sachsenanhalt stammt, war nur für besonders aufmerksame Kunden auf einem kleinen Etikett am Verschluss der Verpackung erkennbar, sodass nicht auf den ersten Blick erkennbar war, dass dieses in Stuttgart verkaufte Produkt nicht „von regionalen Höfen“ stammte.

Unter anderem aus diesem Grund haben die Richter des Bundesgerichtshofs nun festgestellt, dass es sich bei der genannten Werbeaussage um irreführende und damit verbotene Werbung handele, die zukünftig zu unterlassen sei.

Die gesetzliche Grundlage für ein Verbot irreführender Werbung findet sich im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Dieses verbietet nämlich Werbung, die geeignet ist, Verbraucherinnen und Verbraucher in die Irre zu führen. Unternehmen, die dennoch verbotene Werbung betreiben, riskieren eine werberechtliche Abmahnung. In solchen Fällen muss dann sowohl die irreführende Werbung unterlassen als auch ein Schadensersatz gezahlt werden.

BGH: Irreführende Werbung durch Wiesenhof

Damit weicht das Ergebnis, zu dem die Karlsruher Richter gelangten, im Wesentlichen nicht von den Urteilen der Vorinstanzen (Landgericht Oldenburg, Urteil vom 13.09.2022 – 12 O 112/22 und Oberlandesgericht Oldenburg, Beschluss vom 28.02.2023 – 6 U 125/22) ab. So hat der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde von Wiesenhof gegen das Oberlandesgericht Oldenburg schließlich zurückgewiesen, wodurch das Urteil des OLG Rechtskraft erlangte. Infolgedessen hat Wiesenhof die beanstandete Werbung mittlerweile schon geändert.

Verbraucherschützer fordern gesetzlichen Maßstab für Regionalität

Lebensmittelexperten sehen gesetzgeberischen Handlungsbedarf und fordern die Schaffung gesetzlicher Regelungen für Regionalwerbung. Gäbe es entsprechende Vorschriften, könnten es sich Hersteller nicht zunutze machen, dass solche nicht existieren. Deutschen Verbraucherzentralen ist ungenaue oder irreführende Werbung mit Regionalität schon lange ein Dorn im Auge.

Problematisch sei vor allem, dass der Begriff „Region“ von den jeweiligen Herstellern so weit ausgelegt wird, dass er in die jeweilige Marketingstrategie passt. Möglich ist das, weil kein allgemeiner Maßstab existiert, was unter „Regionalität“ zu verstehen ist. Was infolgedessen in den Augen der Verbraucherzentralen zu kurz kommt, ist die Transparenz bezüglich der Frage, woher das jeweilige Produkt tatsächlich kommt.