Irreführende Werbung mit Mogelpackungen

Verstoß gegen Wettbewerbsrecht

Ist eine Produktverpackung lediglich zu 2/3 gefüllt, erweckt aber äußerlich den Anschein, dass die maximale Füllmenge ausgeschöpft wurde, kann es sich um irreführende Werbung handeln.

Veröffentlicht am: 30.05.2024
Qualifikation: Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Lesedauer:

Werben Hersteller mit Mogelpackungen, die mehr Produktinhalt vortäuschen, als sie tatsächlich enthalten, handelt es sich um irreführende Werbung. Das hat der Bundesgerichtshof jetzt entschieden (BGH, Urteil vom 29.05.2024 – Az. I ZR 43/23). Die Bewerbung eines Herrenwaschgels der Marke L’Oréal war der Auslöser dieses Gerichtsverfahrens.

Mogelpackung auch im E-Commerce verboten

Die Karlsruher Richter urteilten, dass Werbung in Zusammenhang mit sogenannten Mogelpackungen auch im Online-Handel strengstens verboten sei. Unter einer Mogelpackung versteht man ein Produkt, dessen Verpackung lediglich zu zwei Dritteln befüllt worden ist. Denn dann stehe die Verpackung des Produkts regelmäßig in keinerlei angemessenem Verhältnis zu dem darin enthaltenen Inhalt.

Irrelevant für das Vorliegen einer Mogelpackung und damit verbundener verbotener Werbung sei zudem, auf welchem Weg das Produkt vertrieben wird, ob online erhältlich oder direkt vor Ort im Laden ist somit egal.

Verpackung nur zu zwei Dritteln gefüllt

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hatte unter dem Vorwurf, unlautere Werbung für das betroffene Waschgel zu betreiben, gegen L’Oréal geklagt. In einem Online-Shop wurde das Produkt in einer 100ml fassenden Kunststofftube beworben. Auf dem Produktbild wurde sie auf dem Deckel stehend gezeigt.

Dabei war der untere Teil der Tube beginnend am Deckel transparent gestaltet, sodass man das orangefarbene Gel durch die Verpackung hindurch erkennen konnte. Der restliche Bereich der Tube war bis hin zur Pfalz am oberen Ende nicht mehr durchsichtig, sondern silberfarben.

Hat L’Oréal Verbraucher getäuscht?

Das Problem daran war jedoch, dass die Tube lediglich im durchsichtigen Bereich und bis kurz über den nicht mehr transparenten Bereich mit Waschgel gefüllt war. Mit der dargestellten Werbung erwecke das Unternehmen jedoch den irrtümlichen Eindruck einer „tatsächlich nicht gegebene nahezu vollständige Befüllung der Tube" – so die Verbraucherschützer. Aus diesem Grund erhoben sie die Unterlassungsklage gegen L’Oréal.

Vorinstanzlich hatte der Verbraucherverband vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf damit noch keinen Erfolg. Den Richtern zufolge müsse man differenzieren: Einerseits stelle die beworbene Verpackung einen Verstoß gegen § 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit § 43 Abs. 2 Mess- und Eichgesetz (MessEG) für den Fall dar, dass sie "eine größere Füllmenge als vorhanden vortäusche, wenn der Verbraucher sie im Rahmen des Erwerbs im Laden in Originalgröße wahrnehme".

Andererseits sei die Verpackung hier in einem Online-Shop vertrieben worden, sodass es an der Spürbarkeit des Verstoßes gegen § 43 Abs. 2 MessEG fehle. Begründet wurde dies damit, dass dem kaufenden Verbraucher beim Onlineshopping die genaue Größe der Verpackung verborgen bleibe.

BGH: Werbung für Mogelpackungen ist irreführend

Dies sahen die Richter des Bundesgerichtshofs nun anders. Das OLG Düsseldorf habe mit der gefassten Urteilsbegründung einen Unterlassungsanspruch aus UWG und MessEG nicht verneinen dürfen. Hier handele es sich um Handlungen von Unternehmern gegenüber Verbrauchern, sodass es § 43 Abs. 2 MessEG wegen der vollharmonisierenden Wirkung von Art. 3 und 4 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken nicht zur Anwendung komme. Maßgeblich für die Beurteilung, ob eine Irreführung durch L’Oréal vorliege, sei daher § 5 UWG. Die Karlsruher Richter bejahten eine solche Irreführung.Darüber hinaus lagen auch keine technischen Erfordernisse vor, welche die verminderte Füllmenge rechtfertigten.

Das Vorliegen einer Irreführung gelte unabhängig davon, auf welchem Wege das Produkt vertrieben wird. Demnach sei der Schutzzweck der Regelung immer dann betroffen, wenn eine Verpackung den Käufer in der Art ihrer Gestaltung und Befüllung in relevantem Umfang über ihre relative Füllmenge täuscht. Das Verbot irreführender Werbung gilt also gleichermaßen bei Fotos in Online-Shops und bei Waren im Ladenregal.

L’Oréal wurde daher vom BGH zur Unterlassung der irreführenden Werbung mit Mogelpackungen verurteilt.