Gewerbesteuer und inländische Betriebsstätte
Beauftragung einer Hausverwaltung kann für ausländische Gesellschaft zur Gewerbesteuerpflicht führen
Gewerbesteuer fällt grundsätzlich nur bei Vorliegen einer inländischen Betriebsstätte an. Ein ganz wesentlicher Punkt bei der Prüfung der Gewerbesteuerpflicht ist daher der Ort der Geschäftsleitung. Dies ist der Ort, von dem der bzw. die Geschäftsführer das Unternehmen aus verwalten.
Bei Immobilienunternehmen wird die laufende Verwaltung der Immobilien häufig nicht von den Geschäftsführern selbst übernommen, sondern regelmäßig an Hausverwaltungen ausgelagert. Genau diese Auslagerung könnte nach einer neueren Rechtsentwicklung zur grundsätzlichen Gewerbesteuerpflicht einer ausländischen Kapitalgesellschaft führen. In der Vergangenheit galten diese als nicht gewerbesteuerpflichtig.
FG Berlin-Brandenburg: Eine Managementgesellschaft führt zu einer inländischen Betriebsstätte
Genau diese Frage musste nun vom Finanzgericht Berlin-Brandenburg (Urt. v. 21.11.2019 – 9 K 111108/17) geklärt werden.
Eine ausländische Kapitalgesellschaft mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung hatte zwei inländischen Managementgesellschaften relativ umfangreiche Hausverwaltervollmachten erteilt. Dies führte im Ergebnis dazu, dass sämtliche Verträge im Zusammenhang mit den Grundstücken von den Managementgesellschaften abgewickelt worden sind.
Die ausländische Kapitalgesellschaft ging davon aus, dass sie mangels inländischer Betriebsstätte in Deutschland nicht gewerbesteuerpflichtig war. Die Finanzverwaltung vertrat hingegen die Auffassung, dass durch den Abschluss der Hausverwaltungsvollmachten eine inländische Betriebsstätte entstanden war. Dies führte nach Ansicht des Finanzamtes zu einer Gewerbesteuerpflicht.
Finanzgerichts urteilt im Sinne der Finanzverwaltung
Das Finanzgericht folgte im Ergebnis der Argumentation der Finanzverwaltung. Für die Bejahung einer inländischen Betriebsstätte i.S.v. § 12 S. 1 AO genügt demnach die bloße – vertraglich abgesicherte – Wahrnehmung dispositiver Aufgaben durch eine im Quellenstaat ansässige Dienstleistungs- bzw. Managementgesellschaft vor Ort in deren Geschäftsräumen.
Managementgesellschaft in diesem Sinne ist eine Verwaltungsgesellschaft, der hinsichtlich der inländischen Liegenschaft sämtliche Arbeiten in Bezug auf Neuabschluss oder Kündigung von Mietverträgen, Stellung von Mieterhöhungsverlangen, Abschluss und Kündigung von Dienst- und Werkverträgen (z.B. über Hausmeistertätigkeiten, Reinigungsarbeiten, Reparaturen etc.), Erteilung von Aufträgen an Handwerker und Baufirmen (einschließlich der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen und Zurückbehaltungsrechten), Verhandlungen mit Kreditinstituten, Finanzämtern, Behörden und Gerichten übertragen sind.
Zur Begründung verwies das Finanzgericht auf eine zum Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit Großbritannien ergangene Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH-Urteil vom 24.08.2011 Az.: I R 46/10). Demnach muss für die Annahme einer Betriebsstätte nicht unbedingt ein Büroraum angemietet werden. Vielmehr genügt auch die bloße – vertraglich abgesicherte – Wahrnehmung dispositiver Aufgaben durch eine im Quellenstaat ansässige Dienstleistungs- bzw. Managementgesellschaft vor Ort in deren Geschäftsräumen für die Bejahung einer inländischen Betriebsstätte. Im vorgenannten Urteilsfall des BFH verfügte der Steuerpflichtige im Quellenstaat Großbritannien über kein eigenes Personal. Außerdem existierte kein vertraglich eingeräumtes Nutzungsrecht des Steuerpflichtigen an irgendeiner Räumlichkeit im Quellenstaat. Der BFH bejahte gleichwohl das Vorliegen einer (inländischen) Betriebsstätte. Aufgrund der permanenten Überwachung der Tätigkeit der Managementgesellschaft durch den Steuerpflichtigen über einen längeren Zeitraum hinweg sei von dessen ausreichender „Verwurzelung“ (= nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung der Managementgesellschaft) im Quellenstaat auszugehen, weil der Steuerpflichtige unter diesem Gesichtspunkt über die (partielle) Fähigkeit verfügt habe, eigene Geschäftstätigkeiten (nämlich Überwachungsmaßnahmen) in den Räumlichkeiten der Managementgesellschaft auszuüben.
In paralleler Betrachtung der vom BFH aufgestellten Grundsätze nahm das FG Berlin-Brandenburg damit auch im vorliegenden Fall eine Betriebsstätte und damit eine Gewerbesteuerpflicht an.
Zulassung zur Revision – Folgen des Urteils noch nicht absehbar
Eine erhebliche Ausweitung der Gewerbesteuer wäre durch das Urteil nicht unbedingt gegeben, da Immobiliengesellschaften in der Regel in den Genuss der sogenannten erweiterten Gewerbesteuerkürzung kommen, wenn deren Voraussetzungen vorliegen. Gerade im Jahr der Gründung und im Jahr der Auflösung einer Gesellschaft ist dies ohne weiteres häufig nicht der Fall. Daher sollten die Folgen einer möglichen Gewerbesteuerpflicht zukünftig auch bei ausländischen Immobiliengesellschaften näher betrachtet werden.
Gegen das Urteil ist die Revision zugelassen und ist zwischenzeitlich beim BFH unter dem Aktenzeichen III R 35/20 anhängig. Insoweit bleibt die Angelegenheit bis zur endgültigen Klärung spannend.