Freibetrag nach Erbverzicht

Folgen für die Erbschaftsteuer

Zivilrecht und Steuerrecht laufen nicht immer Hand in Hand. Dass musste nun ein erbendes Enkelkind erfahren, dass nach einem Erbverzicht des Vaters den Erbschaftsteuerfreibetrag für Kinder in Anspruch nehmen wollte.

Veröffentlicht am: 18.11.2024
Qualifikation: Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater
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Eingriffe in die Erbfolge sind nicht nur durch letztwillige Verfügungen wie Testamente oder Erbverträge möglich. Auch Erbausschlagungen oder Erbverzichte sind diesbezüglich mögliche Gestaltungsinstrumente. Dass dabei stets auch die Auswirkungen im Bereich der Erbschaftsteuer zu beachten sind, zeigt ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom 31. Juli 2024, II R 13/22).

Opa setzt Enkel im Testament als Erbe ein

In dem zu entscheidenden Fall hatte ein Großvater seinen Enkel per letztwilliger Verfügung als Erben mit einer Quote von ¼ eingesetzt. Vorangegangen war ein notarieller Erbverzicht und Pflichtteilsverzicht des Vaters. In diesem war auch vereinbart, dass der Verzicht sich nicht auf weitere Abkömmlinge erstreckt. Als der Großvater schließlich verstarb, machte der Enkel in der Erbschaftsteuererklärung den Freibetrag für Kinder in Höhe von 400.000 Euro geltend. Das Finanzamt gewährte aber lediglich 200.000 Euro Erbschaftsteuerfreibetrag, also den für Enkelkinder. Der Einspruch gegen den Steuerbescheid blieb ebenso erfolglos wie die Klage vor dem Finanzgericht, sodass die Sache schließlich beim BFH landete.

Zivilrechtliche Vorversterbensfiktion gilt bei der Erbschaftsteuer nicht

Entscheidend für das Urteil des BFH war die Frage, ob die zivilrechtliche “Vorversterbensfiktion” des § 2346 BGB steuerlich von Bedeutung ist. Die Vorschrift besagt, dass ein Kind, das auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet, von der Erbfolge ausgeschlossen ist, wie wenn es zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte. Angelehnt daran, vertrat der erbende Enkel die Ansicht, dass er selbst als Kind erbt, statt als Kind eines verstorbenen Kindes. Der BFH ließ folgte diesem Gedankenspiel nicht. Das Erbschaftsteuerrecht sei hier eindeutig und § 16 Abs. 1 Nr.2 Alt. 2 ErbStG spreche von “verstorbenen Kindern” und nicht von “als vorverstorben geltenden Kindern”. Der Kinderfreibetrag für Erbschaften würde gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 ErbStG nur “verwaisten Enkeln” zugute kommen. 

Optimierungspotenzial bei der Erbschaftsteuer

Ob die Beteiligten bereits bei der Planung des Erb- und Pflichtteilsverzichts daran dachten, auf diese Weise dem Enkel erbschaftsteuerlich den Status eines Kindes zukommen zu lassen, geht aus der Entscheidung nicht hervor. Fest steht aber, dass man sich für eine steueroptimierte Gestaltung der Nachfolge gar nicht auf so dünnes Eis begeben muss. Erbschaftsteuerfreibeträge innerhalb der Familie lassen sich meist schon durch Testamente gut ausnutzen. Das gilt selbst für Berliner Testamente, die in ihrer Reinform eigentlich steuerlich ungünstig sind. Kommt man bei der letztwilligen Verfügung an seine steuerlichen Grenzen, bleibt stets auch noch die Option der vorweggenommen Erbfolge, die weitere Möglichkeiten eröffnet.  

Erbschaftsteuer für Kinder

Helge Schubert, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater, erklärt die Erbschaftsteuer für erbende Kinder.