Trotz Entlastung Geschäftsführerhaftung?
Achtung: Bei verschleierter Berichterstattung Haftungsrisiko!
Kann die Gesellschafterversammlung einem Geschäftsführer trotz verschleiernder Berichterstattung eine Entlastung erteilen?
Soll ein (ehemaliger) Geschäftsführer von der Gesellschaft wegen pflichtwidrigen Verhaltens auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, führt dies regelmäßig zu teils jahrelangen und kostspieligen gerichtlichen Auseinandersetzungen. Dabei kommt neben dem Problem, ob das den Schaden auslösende Verhalten des Geschäftsführers als vorwerfbar pflichtwidrig im Sinne des § 43 GmbHG anzusehen ist, auch der Frage, ob eine wirksame Entlastung durch die Gesellschafterversammlung erteilt wurde, eine entscheidende Bedeutung zu.
Private Anschaffung übers Gesellschaftskonto „laufen gelassen“
Insbesondere dort, wo die Pflichtwidrigkeit auf der Hand liegt (etwa bei der privaten Lebensführung zuzuordnenden Aufwendungen, welche der Geschäftsführer über das Konto der Gesellschaft hat „laufen lassen“), steht und fällt die erfolgreiche Inanspruchnahme des Geschäftsführers mit der Frage, ob ihm die Gesellschafterversammlung diesbezüglich bereits zuvor Entlastung erteilt hat.
Mit einer derartigen Konstellation hatte sich jüngst das OLG Potsdam zu befassen. Dort hatte der Geschäftsführer Anschaffungs- und Reparaturkosten für ein dann privat genutztes Wohnmobil von der GmbH zahlen lassen. Als dies nach seiner Abberufung aufgedeckt wurde, berief er sich auf eine ihm erteilte Entlastung – erstinstanzlich sogar mit Erfolg.
Geschäftsführer verschleierte fehlende betriebliche Veranlassung
Weniger Erfolg hatte der Geschäftsführer aber in zweiter Instanz, denn die GmbH war gegen das Urteil in Berufung gegangen. Zu Recht, befand das OLG Potsdam in seiner diesbezüglichen Entscheidung (OLG Potsdam, Urteil vom 29.06.2022, Az. 7 U 60/21). Zwar hatte der Geschäftsführer die in Zusammenhang mit dem Wohnmobil stehenden Kosten im Jahresabschluss, dort im Anlagenspiegel, zutreffend der Höhe nach aufgeführt, allerdings durch die Bezeichnung als „Bauwagen“ die fehlende betriebliche Veranlassung, für die den Jahresabschluss feststellende und die Entlastung erteilende Gesellschafterversammlung, verschleiert.
Gesellschafterversammlung hätte Entlastung des Geschäftsführers verhindert
Hätte der Geschäftsführer im Jahresabschluss stattdessen die zutreffende Bezeichnung „Wohnmobil“ gewählt, so das OLG Potsdam weiter, hätte dies die Gesellschafter nach Überzeugung des Gerichts zu weiteren Nachfragen veranlasst und folglich eine entsprechende Entlastung verhindert.
Da der Geschäftsführer durch seine irreführende Bezeichnung eine Aufklärung des Sachverhalts durch die Gesellschafterversammlung verhindert hatte, sei dieser Sachverhalt von dem Entlastungsbeschluss somit auch nicht erfasst, sodass eine diesbezügliche Inanspruchnahme des Geschäftsführers durch die Gesellschaft nicht präkludiert ist.
Haftungsrisiko des Geschäftsführers
Für Geschäftsführer folgt hieraus, dass Sachverhalte mit Haftungsrisiko der Gesellschafterversammlung hinreichend deutlich offenzulegen sind, soweit die im Anschluss erteilte Entlastung mit einer verlässlichen Präklusionswirkung verbunden sein soll.
Für Gesellschafter gilt umgekehrt, dass alleine die formale Entlastung für sich alleine nicht bereits einer erfolgreichen Inanspruchnahme von (ehemaligen) Geschäftsführern im Wege stehen muss, soweit der Haftungsgrund der Gesellschafterversammlung gegenüber nur verschleiert bzw. allenfalls angedeutet, nicht aber hinreichend erkennbar offengelegt wurde.