Elektronische Wertpapiere (eWP) & Security Token

Ein Vergleich: eWP vs. Security Tokens mit wertpapierähnlichen Eigenschaften

Wer auf modernem Weg Kapital einsammeln will, dem stehen mit elektronischen Wertpapieren und Security Token zwei neuartige Instrumente zur Verfügung, die Ähnlichkeiten und Unterschiede aufweisen. Diese werden in diesem Beitrag unter Einbeziehung der aktuellen Entwicklungen aufgezeigt.

Veröffentlicht am: 18.11.2024
Qualifikation: Rechtsanwalt und Spezialist für Finanzierungen
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Die Digitalisierung hat die Finanzwelt nicht erst gestern revolutioniert. Inzwischen stehen für das Einwerben von Kapital zum Beispiel elektronische Wertpapiere (eWP) und Security Token zur Verfügung. Beide Instrumente nutzen digitale Technologien, um Effizienz und Zugänglichkeit in den Kapitalmärkten zu erhöhen. Sie unterscheiden sich jedoch grundlegend in ihrem rechtlichen Status, ihrer technologischen Basis und ihren Einsatzbereichen. Hier vergleichen wir eWP und Security Token mit wertpapierähnlichen Eigenschaften und zeigen deren spezifische Besonderheiten sowie Vor- und Nachteile auf und gehen auf ein paar praktische Anwendungsfälle ein.

Was sind elektronische Wertpapiere (eWP)?

Elektronische Wertpapiere sind eine moderne und digitale Alternative zu herkömmlichen Wertpapieren, bei denen die Verkörperung in einer Urkunde durch eine elektronische Eintragung ersetzt wird. Um traditionelle Wertpapiere modernen Handelsgepflogenheiten anzupassen, hatte man schon vor langer Zeit die Sammelverwahrung eingeführt, sodass die physische Übergabe der Wertpapiere nicht mehr notwendig war. In Deutschland ist nun seit 2021 durch das Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) eine neue Art von Wertpapieren geregelt.

Eigenschaften:

  • Rechtlicher Status: eWP sind vollwertige Wertpapiere, die vergleichbaren rechtlichen Anforderungen wie die traditionellen Wertpapiere unterliegen.
  • Registerführung: Sie können dabei in einem zentralen Register (z. B. bei Clearstream) oder auf einer Blockchain registriert werden und somit auch dezentral verwaltet werden.
  • Typen: Es können Schuldverschreibungen und Fondsanteile als eWP ausgegeben werden und seit dem 01. Januar 2024 auch Aktien.

Ziel:

Das Hauptziel von eWP ist die Digitalisierung, um Effizienz, Transparenz und Zugänglichkeit zu steigern und damit diese Finanzmärkte zu stärken. Dabei wird der rechtliche Rahmen des traditionellen Kapitalmarktes beibehalten, um das Investorenvertrauen zu wecken.

Was sind Security Tokens mit wertpapierähnlichen Eigenschaften?

Security Tokens mit wertpapierähnlichen Eigenschaften sind digitale Ableitungen von Wertpapieren, welche die Blockchain-Technologie nutzen und ähnliche Rechte für die Investoren verbriefen. Das sind z. B. Eigentumsrechte, Gewinnbeteiligungen oder Stimmrechte. Sie gelten rechtlich regelmäßig als Wertpapiere im Sinne der MiFID II und anderer nationaler Wertpapiergesetze. Hingegen unterfallen sie regelmäßig nicht der Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCAR), die seit dem 30. Juni 2024 Stablecoins und ab dem 30. Dezember 2024 auch Utility Token reguliert.

Merkmale:

  • Technologische Basis: Security Tokens basieren, anders als eWP, immer auf einer Blockchain und können programmierbare Smart Contracts enthalten.
  • Rechtliche Einstufung: Security Tokens werden als Wertpapiere eingestuft, wenn sie wertpapierähnliche Rechte verbriefen und unterfallen damit den MiFID II und den Wertpapiervorschriften. Die regulatorische Einordnung kann jedoch je nach Land variieren.
  • Flexibilität: Sie können eine Vielfalt von zugrundeliegenden Vermögenswerten repräsentieren, was von Unternehmensanteilen über Immobilien bis hin zu Kunstwerken reicht.

Ziel:

Security Tokens zielen darauf ab, neue Anwendungsbereiche und Märkte zu erschließen, indem sie die Vorteile der Blockchain-Technologie nutzen: Dezentralisierung, Transparenz und programmierbare Automatisierung stehen dabei im Vordergrund.

Vor- und Nachteile sowie Unterschiede

Elektronische Wertpapiere (eWP):

Vorteile:

  • Rechtssicherheit: eWP basieren auf dem traditionellen und bewährten Rechtsrahmen und bieten damit Rechtssicherheit und für Investoren ein vertrautes Umfeld.
  • Etablierte Infrastruktur: Sie lassen sich nahtlos in bestehende Finanzsysteme einbinden.
  • Einfacher Zugang: Keine speziellen technologischen Kenntnisse als Hürden für Investoren erforderlich.

Nachteile:

  • Geringere Flexibilität: eWP bieten, anders als Security Token, eine Möglichkeit für programmierbare Funktionen auf der Basis von Smart Contracts.
  • Zentralisierung: Die Notwendigkeit von zentralen Registern und Verwahrstellen erhöht die Kosten der Emission.

Security Tokens:

Vorteile:

  • Innovationspotenzial: Nutzung von Smart Contracts für automatisierte Prozesse, die mit der Investition zusammenhängen, z. B. Dividendenzahlungen.
  • Kostenreduktion: Wegfall zentraler Intermediäre wie zentralen Registern und Verwahrstellen, was die Kosten senkt und damit auch kleinere Emissionen ermöglicht.
  • Globale Zugänglichkeit: Erleichtert den Handel und die Verbreitung weltweit.

Nachteile:

  • Regulatorische Unsicherheit: In vielen Ländern fehlt noch eine klare rechtliche Einordnung und Regulierung, wobei MiCAR in der EU mehr Klarheit schafft. Aber auch hier fehlt es noch an Verwaltungspraxis der Aufsichtsbehörden und Gerichtsentscheidungen.
  • Technologische Abhängigkeit: Risiken und Manipulationsrisiken durch den Einsatz von Smart-Contracts oder Cyberangriffe.
  • Akzeptanzprobleme: Investoren fehlt noch die Erfahrungsbasis und sie könnten skeptisch sein.

Einsatzbereiche und praktische Beispiele

Elektronische Wertpapiere (eWP):

  • Unternehmensanleihen: Große Unternehmen wie Siemens haben bereits digitale Anleihen über Blockchain-Systeme ausgegeben, die als eWP gelten, und auf diesem Wege Kapital eingesammelt.
  • Fondsanteile: Digitale Fondsanteile können effizienter verwaltet werden und sparen Kosten bei der Abwicklung. Ein Beispiel sind DLT-basierte Fondsanteile der DekaBank.

Security Tokens:

  • Tokenisierte Immobilien: Plattformen wie Brickblock oder RealT ermöglichen es, über Security Tokens in Immobilien zu investieren.
  • Digitale Aktien: Projekte wie von Neufund bieten Unternehmen die Möglichkeit, Security Tokens auszugeben, die aktionärsähnliche Rechte gewähren.
  • Derivate: Plattformen wie Synthetix schaffen synthetische Vermögenswerte, die den Wert von Aktien oder Rohstoffen nachbilden.

Welches Instrument ist das richtige?

Die Wahl zwischen elektronischen Wertpapieren und Security Tokens hängt stark von den individuellen Zielen und Anforderungen eines Finanzprojekts ab. Die eWP eignen sich dabei vor allem für Unternehmen, die zwar von der Digitalisierung und den sich daraus ergebenden Effizienzen profitieren möchten, ohne den traditionellen Rechtsrahmen zu verlassen und damit den Zugang zu klassischen Investoren zu verlieren. Security Tokens hingegen sind ideal für innovative Projekte, die neue Märkte erschließen und die Blockchain-Technologie nutzen möchten. Darüber lassen sich auch andere Vermögenswerte zum Gegenstand von Emissionen machen und außerdem auch kleinere Beträge effizient einwerben.

Beide Ansätze haben also ihre spezifischen Einsatzbereiche und bieten jedenfalls neue Möglichkeiten, die Finanzmärkte zu erschließen. 

Entscheidend ist, die rechtlichen, technologischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sorgfältig abzuwägen, um die richtige Wahl zu treffen.

Weitere Informationen rund um das Thema Finanzierung finden Sie hier: Bankrecht & Kapitalmarktrecht