Digitales Arbeiten für Anwälte im Familienrecht

Beschwerden in Familiensachen nicht ohne beA

Die Zeit des Papiers in gerichtlichen Verfahren ist vorbei - daran müssen sich auch Fachanwälte für Familienrecht gewöhnen.

Veröffentlicht am: 18.07.2023
Qualifikation: Rechtsanwalt & Mediator
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Die Anwaltschaft mag es traditionell. Da verwundert es nicht, dass sich die Branche etwas schwerer tut mit der Digitalisierung. Dennoch hat (mit viel Mühe) Anfang 2022 das elektronische Anwaltspostfach Einzug gehalten in den Alltag der Rechtsberatung. Dass man dieses kennen und nutzen muss – und zwar auch im Familienrecht und sogar trotz falscher Rechtsbelehrung – entschied kürzlich der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 31. Mai 2023 – XII ZB 124/22).

Beschwerde im Streit um das Sorgerecht

Dem Beschluss des BGH lag ein Sorgerechtsstreit zugrunde, bei dem der Vater beim Amtsgericht Gießen 2021 gegen die Richterin ein Ablehnungsgesuch stellte. Die Anwältin des Vaters lehnte gegen den ablehnenden Beschluss fristgerecht Beschwerde ein – allerdings „old school“ per Fax und mit normalem Brief. Auf einen Wink des angerufenen OLG erfolgte die Beschwerde dann noch mal per beA, allerdings erst nach Fristablauf. Die Anwältin für Familienrecht beantragte die „Wiedereinsetzung“, quasi eine Reparatur des Fristversäumnisses. Grund: Die Rechtsbehelfsbelehrung des Gerichts habe nicht darauf hingewiesen, dass die Beschwerde elektronisch über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) hätte eingereicht werden müssen.

Kein Recht auf analoge Kommunikation im Familienrecht

Das Anliegen der Rechtsanwältin löste offenbar beim OLG mehr Kopfschütteln als Verständnis auf. Schließlich gilt die Pflicht zur Nutzung des beA bereits seit Anfang 2022. So sah es auch der BGH, den die Anwältin in ihrer Verzweiflung auch noch anrief.

Die Entscheidung überrascht nicht. Denkt man an die zahlreichen Probleme und Kontroversen im Zusammenhang mit der Einführung des beA, kann sich ein Anwalt – ob im Familienrecht oder in einem anderen Rechtsgebiet kaum auf die Argumentation zurückziehen, er habe von all dem nichts gewusst.

Und wie so häufig, hilft auch der Blick ins Gesetz:

§ 14 Absatz 1 Satz 1 FamFG: Bei Gericht schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen sind durch einen Rechtsanwalt, durch einen Notar, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse als elektronisches Dokument zu übermitteln.

Das, so der BGH, gelte für alle anwaltlichen Schriftsätze, auch für Beschwerden im Sorgerecht bzw. Familienrecht.