Die geerbte Immobilie in Frankreich

Steuerprobleme und Lösungen

Wenn sich im Nachlass eine französische Immobilie befindet besteht die Gefahr, dass die Erben mit hohen Erbschaftssteuern belastet werden. Die ach so geliebte Immobilie – das Ferienhaus am Meer oder das Appartement in Paris zum Beispiel – muss dann schnellstmöglich verkauft werden, um den Erben zu ermöglichen die Steuerbelastung zu stemmen.

Veröffentlicht am: 03.06.2019
Qualifikation: Rechtsanwältin für französisches Recht in Berlin
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Wir decken nachfolgend die Ursache und zeigen einen möglichen Lösungsansatz für diese Problematik auf:

Problemquelle: Niedrige Freibeträge im französischen Erbfall

Hauptgrund für die Gefahr, dass die Erben einer französischen Immobilie im Erbfall mit hohen Steuern konfrontiert werden ist, dass die Steuerfreibeträge in Frankreich nicht so „großzugig“ wie in Deutschland sind. Während Kinder im deutschen Erbschaftsteuerrecht einen Steuerfreibetrag in Höhe von EUR 400.000,- pro Elternteil genießen und dies alle 10 Jahre, steht ihnen in Frankreich lediglich EUR 100.000,- alle 15 Jahre zu.

Lösungsvorschlag: Schenkung mit Nießbrauchvorbehalt als Steuersparmodell zu Lebzeiten

Eine gute Möglichkeit eine Immobilie mit geringfügiger Steuerbelastung oder sogar absoluter Steuerfreiheit auf die nächste Generation zu übertragen ist diese bereits zu Lebzeiten zu verschenken und sich dabei den Nießbrauch vorzubehalten.

Wenn ein Schenker seine Immobilie verschenkt und sich dabei ein Nießbrauchrecht vorbehält bedeutet dies, dass Eigentum und Nutzung auseinanderfallen. Das französische Recht unterscheidet zwischen der „nue-propriété“ wortwörtlich dem „nackten Eigentum“ und dem „usufruit“ als dem Nießbrauch.

Der Nießbrauch ist das Nutzungsrecht an einer Sache. Der Nießbrauchberechtigte ist berechtigt die Sache zu nutzen und die Früchte daraus zu ziehen. Im Falle einer Immobilie bedeutet dies also,

  • dass der Nießbrauchberechtigte in der Immobilie wohnen oder
  • diese vermieten und die Mieteinnahmen behalten darf.

Der Nießbrauchberechtigte (im Französischen „usufruitier“) hat die Immobilie pfleglich wie ein „guter Familienvater“– „comme un bon père de famille„ zu behandeln.  Sofern im Schenkungsvertrag nicht anderes bestimmt ist, sind von ihm lediglich die Kosten für kleinere Reparaturen zu übernehmen.

Das Nießbrauchrecht erlischt in der Regel mit dem Tod des Berechtigten. Denkbar ist aber auch das Nießbrauchrecht zeitlich zu beschränken. Man spricht dann von „usufruit temporaire“.

Achtung: Vom Nießbrauchrecht zu unterscheiden ist das reine Wohnrecht. Ein Wohnrecht („droit d´usage et d´habitation“) ist personengebunden und kann somit nicht auf Dritte übertragen werden. Der Inhaber einer reinen Wohnrechts kann die Immobilie somit nicht vermieten sondern nur selbst bewohnen.

Das „Nacktes Eigentum“:

Der Beschenkte erhält durch die Schenkung das Eigentum an der Immobilie. Obwohl er grundsätzlich die Möglichkeit hat die Immobilie zu verkaufen ist er dennoch auf die Zustimmung des Nießbrauchberechtigten angewiesen. Denn der Verkauf der Immobilie an einen Dritten, der aufgrund des Nießbrauchs des Schenkers keinerlei Nutzung an dem Objekt haben kann ist höchst unwahrscheinlich.

Der Eigentümer der „nackten“ Wände hat größere Reparaturen wie zum Beispiel die Reparatur des Daches zu tragen – auch hier allerdings nur dann, wenn im Schenkungsvertrag nichts anderes geregelt wurde.

Wie berechnet sich den Nießbrauch und somit der Steuervorteil?

Die Berechnung des Nießbrauchs richtet sich nach dem Alter des Schenkenden und nach dem Wert der Immobilie. Die Bewertung erfolgt in Tranchen von je 10 Lebensjahren.  Bis zum einundfünfzigsten (51) Lebensjahr zum Beispiel beträgt der Nießbrauchwert noch 60% des Wertes der Immobilie, bis zum einundsechzigsten dann 50%.

Für die Berechnung einer eventuell anfallenden Schenkungssteuer (sogenannte „droits de mutation à titre gratuit“) ist somit nur der Wert des nackten Eigentums in Ansatz zu bringen (Wert der Immobilie minus Wert des Nießbrauchs).

Beispiel: Wenn ein sechzigjähriger Schenker seine Immobilie im Wert von EUR 400.000,- auf seine zwei Kinder überträgt und sich den Nießbrauch vorbehält beträgt der Wert seines Nießbrauchs EUR 200.000,- und das des nackten Eigentums welches auf die zwei Kinder übergeht ebenfalls „nur noch“ EUR 200.000,-. Jedes Kind kann somit das Eigentum an der Immobilie im Wert von EUR 100.000,- steuerfrei übertragen bekommen (da aufgrund des Steuerfreibetrages EUR 100.000,- steuerfrei übertragen werden können).

Vereinigung von Nießbrauch und nacktem Eigentum im Erbfall

Wenn der Schenker verstirbt erlischt sein Nießbrauchrecht automatisch. Dies hat zur Folge, dass in diesem Moment Eigentum und Nutzungsrecht zusammenfallen und der Beschenkte Volleigentümer der Immobilie wird. Dieser Automatismus löst keinerlei Steuern mehr aus. Es bedarf hinsichtlich der geschenkten Immobilie also keiner gesonderten Nachlassabwicklung.

Dies ist also ein gelungener Schachzug um dem französischen Finanzamt kein unnötiges Geschenk zumachen.

Achtung: Verstirbt der Schenker innerhalb von drei Monaten nach erfolgter Schenkung wird der Wert der Schenkung im Rahmen der Berechnung des Nachlassvermögens vollständig berücksichtigt. Dies bedeutet, dass für die Berechnung der Erbschaftssteuer die Immobilie wertmäßig in ihrer Gesamtheit dem Schenker- und Erblasservermögen zugerechnet wird.

Weitere Informationen: Erbrecht in Frankreich