Die Erbengemeinschaft in Frankreich
Welche Auswege gibt es?
Welche Auswege gibt es?
Ein Beitrag von Rechtsanwältin Dr. Cécile Walzer
Durch den Tod eines Menschen kann es aufgrund gesetzlicher Erbfolge oder letztwilliger Verfügung des Erblassers zu neuen – teilweise unliebsamen – Gemeinschaften führen. Einmal sind es mehrere Geschwister die sich nicht mehr Grün sind. Einmal findet man sich mit der „bösen“ Stiefmutter als Miteigentümer wieder. Und was dann? Ist man an einer Erbengemeinschaft auf Teufel komm raus gebunden oder sieht das französische Erbrecht Möglichkeiten vor um diese aufzulösen.
Auswege aus der Erbengemeinschaft
Das französische Recht schreibt tatsächlich vor, dass keiner in einer Eigentümergemeinschaft wie es die Erbengemeinschaft darstellt, gebunden bleiben darf und bietet unterschiedliche Möglichkeiten, die sich aus der Gemeinschaft zu lösen.
Verkauf des Erbanteils an einen oder mehrere Erben
Jedem Erben steht es frei den übrigen Erben seinen Anteil zum Verkauf anzubieten. In diesem Fall führen die Übrigbleibenden die Erbengemeinschaft weiter. Bestand die Erbengemeinschaft lediglich aus zwei Erben, wird diese aufgelöst. Der Erwerber wird Alleineigentümer.
Ein solcher Verkauf unter Erben nennt sich „licitation“ und muss bei Immobilien zwingend von einem Notar beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden. Notar- und Nebenkosten gehen zu Lasten des Erwerbers. Auch steuerlich ist ein solcher Verkauf interessant, denn dieser generiert geringere Steuern als ein klassischer Verkauf an Dritte.
Verkauf des Erbanteils an einen Dritten
Grundsätzlich ebenfalls möglich (aber eher unattraktiv) ist der Verkauf des Erbanteils an einen Dritten.
Das französische Recht sieht für diesen Fall strenge Regelungen vor um zu vermeiden, dass Dritte sich in eine meist familiäre Gemeinschaft einkaufen. Den Erben steht ein Vorkaufsrecht zu. Der verkaufende Erbe ist verpflichtet, den übrigen Erben per Gerichtsvollzieher neben den Verkaufskonditionen Name, Adresse und Beruf des Erwerbers mitzuteilen. Die Nichteinhaltung dieser Pflicht kann zur Unwirksamkeit des Kaufvertrages führen. Die übrigen Erben haben einen Monat Zeit, ihr Vorkaufsrecht auszuüben. Sollten mehrere Erben gleichzeitig ihr Vorkaufsrecht geltend machen erwerben sie den Anteil entsprechend ihrer Quote.
Verkauf des Nachlasses oder Teile des Nachlasses / der Nachlassimmobilie
Seit 2009 ist der Einigkeit der Erben zum Verkauf nicht mehr erforderlich. Vielmehr werden 2/3 der Rechte am Nachlass benötigt um einen Verkauf durchzusetzen (Achtung: gemeint sind nicht 2/3 der Erben).
Der Erbe, der den Verkauf anstrebt, muss sein Begehren vor einem Notar äußern. Dieser benachrichtigt daraufhin förmlich die übrigen Erben und setzt ihnen eine drei-Monatsfrist um sich zu positionieren. Ein Schweigen wird als Ablehnung des Verkaufs gewertet.
Der Gang zum Gericht ist unabdingbar wenn keine Einigung erzielt wurde. Das Gericht wird einem Verkauf zustimmen, wenn dieser keinen zu großen Nachteil für die übrigen Erben darstellt. Der Verkauf findet sodann im Rahmen einer Versteigerung an den Meistbietenden statt. Ein freihändiger Verkauf ist nicht mehr zulässig.
Erbauseinandersetzung
Die einvernehmliche Erbauseinandersetzung geht der gerichtlichen Erbauseinandersetzung vor.
Um eine Erbauseinandersetzung zu erreichen müssen grundsätzlich alle Erben mitwirken. Minderjährige oder betreute Personen zum Beispiel sind von der Mitwirkungspflicht entbunden. Die Erbauseinandersetzung muss in diesem Fall von einem Familiengericht genehmigt werden.
Die Erbauseinandersetzung setzt die vorherige Bewertung des Nachlasses voraus um eine gerechte Aufteilung des Nachlasses entsprechend der Quote zu erreichen. Im Einzelfall kann ein finanzieller Ausgleich zwischen den Erben notwendig sein.
Besteht Uneinigkeit über den Wert des Nachlasses und ist eine einvernehmliche Erbauseinandersetzung blockiert, müssen die Erben zwingend vor Gericht. Zuständig ist dann das Tribunal de Grande Instance (TGI) am Ort der Eröffnung der Nachlassangelegenheit. Das Gericht wird einen Notar mit der Auseinandersetzung beauftragen. Wird auch in diesem Fall keine Einigkeit zwischen den Erben erzielt wird der Nachlass aufgeteilt bzw. die Vermögenswerten veräußert und der Erlös entsprechend der Quote verteilt.
Wichtig: den Erben steht im Rahmen einer gerichtlichen Erbauseinandersetzung jederzeit das Recht zu sich einvernehmlich zu einigen und das gerichtliche Verfahren zu beenden.