BGH zur Haftung des GmbH-Gesellschafters
Entscheidung zur Haftung bei Kaduzierung
Mit Urteil vom 19.05.2015 (II ZR 291/14) entschied der BGH, dass ein ausgeschiedener Mitgesellschafter nicht für die Ausfallhaftung für kaduzierte Anteile eines Mitgesellschafters eintritt. Im Wege der sog. Kaduzierung kann ein Geschäftsanteil eines Gesellschafters eingezogen werden, wenn die Stammeinlage nicht an die GmbH geleistet wird.
In der GmbH des Beklagten war er mit EUR 2.500 Stammeinlage beteiligt und sein Mitgesellschafter mit EUR 22.500. Der beklagte Gesellschafter leistete seine Einlage sofort, der Mitgesellschafter hälftig. Die zweite Hälfte der Einlage war zu leisten, wenn a) die Satzung die Fälligkeit bestimmt, b) auf Beschluss der Gesellschafter, c) bei Einforderung durch den Geschäftsführer oder d) bei Einforderung durch den Insolvenzverwalter. Der beklagte Gesellschafter übertrug seine Geschäftsanteile für EUR 1 an den Mitgesellschafter. Knapp zwei Jahre später meldete dieser Insolvenz an. Im Zuge der Insolvenz der GmbH forderte der Insolvenzverwalter zur Leistung der fälligen Einlagen auf. Eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Gesellschafters blieb jedoch erfolglos. Die Anteile wurden daher kaduziert (§§ 21 ff. GmbHG), der Gesellschafter sozusagen seiner Anteile „enteignet“ und aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Die Kaduzierung hat den Verlust sämtlicher Mitspracherechte zur Folge, den Verlust der Geschäftsanteile, also der geleisteten Einlagen, den Verlust der Gewinnansprüche aus dem laufenden Geschäftsjahr, und etwaige Rechte Dritter, also Pfand-, und Nießbrauchrechte, erlöschen. Der Gesellschafter ist damit nicht etwa von der Zahlung der fehlenden Einlage befreit, seine Einlagepflicht wandelt sich in eine Ausfallhaftung um. Der Insolvenzverwalter nahm mithin den ausgeschiedenen Mitgesellschafter in Anspruch, der seinen Anteil verkauft hatte.
Das GmbH-Gesetz regelt, dass für die Einlagepflicht von einem ausgeschlossenen Gesellschafter (was der Gesellschafter mit der Kaduzierung war) jeder frühere Rechtsvorgänger haftet. Nach der Rechtsprechung war der frühere Gesellschafter jedoch kein früherer Rechtsvorgänger im Sinne dieser Vorschrift, da er nie Inhaber des kaduzierten Geschäftsanteils war. Nach dem GmbH-Gesetz haften die übrigen gesellschafter für fehlende Stammeinlagen. Aber auch unter diesem Gesichtspunkt scheiterte die Klage nach Auffasung des BGH. In einem früheren Urteil entschied dieser, dass übriger Gesellschafter ist, wer zum Zeitpunkt der Fälligkeit noch Gesellschafter ist. Der Beklagte ist jedoch knapp zwei Jahre vor Fälligkeit durch Einforderung durch den Insolvenzverwalter aus der Gesellschaft ausgeschieden und haftet somit auch aus dieser Norm nicht. Der BGH verneinte darüber hinaus auch einen Rechtsmissbrauch. Er meinte, dass die Übertragung für EUR 1 zwar weit unter Verkehrswert war, sie jedoch so lange zurückliege, dass eine Insolvenz zu dem Zeitpunkt noch nicht abzusehen gewesen sein kann und eine rechtsmissbräuchliche Haftungsvermeidung denkbar unwahrscheinlich scheint.
Hintergrund
Obwohl aufgrund der Haftungsprivilegien die GmbH bei der Wahl der passenden Rechtsform für unternehmerische Aktivität bevorzugt wird, treten auch bei der GmbH immer wieder Haftungsthemen sowohl für die Geschäftsführer als auch für die Gesellschafter auf. Haftungsfragen in der GmbH sind auch für unsere Rechtsanwälte und Fachanwälte für Gesellschaftsrecht in Hamburg und Berlin immer wieder Gegenstand der Beratung. Gerade in diesem Bereich ist für die Betroffenen rechtzeitiges Handeln geboten, um mögliche Risiken überhaupt erkennen zu können.
Zur Haftung des Geschäftsführers in der GmbH finden Sie auch auf unserer Homepage weiterführende Informationen: Haftung GmbH-Geschäftsführer