Beurkundung von Gesellschafterbeschlüssen einer GmbH

​​​​​​​Sicher ist sicher – Beurkundete Zustimmungsbeschlüsse vor Share und Asset Deals

Das Wichtigste zur Beurkundung von Gesellschafterbeschlüssen einer GmbH - insbesondere Zustimmungsbeschlüssen vor Share und Asset Deals - im Folgenden.

Veröffentlicht am: 17.08.2021
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht in Hamburg
Lesedauer:

Eine ganz aktuelle Entscheidung (OLG Celle (3. Zivilsenat), Hinweisbeschluss vom 30.06.2021 – 3 U 72/21) bringt ein altes und brisantes Thema wieder auf die Tagesordnung: es geht um Gesellschafterbeschlüsse, die vor Transaktionen zu fassen sind, um mit der dokumentierten Zustimmung der Gesellschafter den Deal rechtlich abzusichern. Dieses Thema hat Brisanz nicht nur aus (haftungs-)rechtlichen, sondern auch aus notarkostenrechtlichen Gründen, da eine Beurkundung solcher Beschlüsse durchaus auch zu höheren fünfstelligen Notarhonoraren führen kann.

Muss man GmbH Gesellschafter wie Aktionäre behandeln?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte am 8. Januar 2019 entschieden, dass § 179a AktG nicht analog auf die GmbH anwendbar sei. Zur Erinnerung: § 179a AktG regelt, dass vor einer Veräußerung des (nahezu) gesamten Vermögens einer Aktiengesellschaft ein zustimmender (und nach § 130 AktG zu beurkundender) Beschluss der Hauptversammlung erforderlich sei. Geschieht dies nicht, so die gesamte Transaktion unwirksam. Nun hatte der BGH in 2019 zwar mit diversen Argumenten begründet, warum § 179a AktG nicht Anwendung im GmbH-Recht finden könnte. Insbesondere argumentierte der BGH, dass Gesellschafter einer GmbH längst nicht so machtlos wie Aktionäre seien, und daher die aktionärsschützende Norm des § 179a AktG bereits grundsätzlich „nicht passe“.

Dadurch war aber die Frage eines vorab einzuholenden Gesellschafterbeschlusses der GmbH-Gesellschafter keinesfalls erledigt. Schließlich leitete der BGH aus § 49 Abs. 2 GmbHG ab, dass die Geschäftsführung einen Gesellschafterbeschluss herbeiführen müsse, wenn es im Interesse der GmbH erforderlich sei. Letzteres sei bei einer Veräußerung sämtlicher Vermögenswerte der Fall – dies sei ein „besonders bedeutsames Geschäft“. Zu der von dem Erfordernis einer Beschlussfassung zu trennenden Frage einer möglichen Beurkundungsbedürftigkeit derartiger GmbH Beschlüsse äußerte sich der BGH in der genannten Entscheidung nicht.

Ein „besonders bedeutsames Geschäft“

Was aber ist ein solches besonders bedeutsames Geschäft? Das sind Fälle, in denen der GmbH ohne die Durchführung der Gesellschafterversammlung erhebliche Nachteile drohen. Typischerweise sind das ungewöhnliche Geschäfte, die deutlich über den gewöhnlichen Gang der Geschäfte hinausgehen. So ist die Veräußerung der einzigen von einer Projektgesellschaft gehaltenen Mietshauses, ein ungewöhnliches Geschäft.

So kann man festhalten, dass auch nach der oben zitierten BGH Entscheidung, die Erforderlichkeit von (zu beurkundenden) Gesellschafterbeschlüssen vor Transaktionen einer GmbH längst nicht vom Tisch ist.

Der Notar unter Druck  

Nun zur eingangs erwähnten Entscheidung des OLG Celle: Eine GmbH, die ein Grundstück hielt, wollte dieses verkaufen. Zur Beurkundung brachten die beiden Gesellschafter der verkaufenden GmbH einen Gesellschafterbeschluss mit, den sie privatschriftlich vor dem Notar unterzeichnen wollten. Der Gesellschafterbeschluss sah die Zustimmung zu dem Verkauf des Grundstücks vor. Der Notar hielt dagegen und brachte folgenden Wortlaut in die Urkunde:

Dieser Vertrag betrifft nach Angabe der Beteiligten auf Verkäuferseite einen so wesentlichen Teil des Gesellschaftsvermögens der veräußernden Gesellschaft, dass letztere mit dem verbliebenden Betriebsvermögen nicht mehr ausreichend in der Lage sein wird, ihre in der Satzung festgelegten Unternehmensziele, und sei auch nur in eingeschränktem Umfang, zu verfolgen. Der Notar hat als sichersten Weg empfohlen, einen Zustimmungsbeschluss der Gesellschafterversammlung des Verkäufers zu beurkunden. Die Erschienenen zu 1.a) und b) verpflichten sich, den beurkundeten Gesellschafterbeschluss in Ausfertigung vorzulegen, damit die Wirksamkeit des Kaufvertrages sichergestellt ist.“

Weiter wurde als eine Fälligkeitsbedingung aufgenommen, dass ein notarieller Gesellschafterbeschluss betreffend den Verkauf dem Notar vorliegen müsse. Schließlich fassten die von den drohenden Notarkosten nicht begeisterten Gesellschafter einen nur notariell beglaubigten Gesellschafterbeschluss vor einem anderen Notar, nach Zurückweisung durch den Käufer rangen sie sich durch und ließen den Gesellschafterbeschluss beurkunden.

Mit den resultierenden Notarkosten in Höhe von gut EUR 7.000 war die Verkäuferin nicht einverstanden und klagte. Der Notar habe pflichtwidrig gehandelt, als er darauf bestanden habe, dass ein zu beurkundender Gesellschafterbeschluss beizubringen sei. So etwas sei jedenfalls nach dem Urteil des BGH vom 8. Januar 2019 nicht mehr erforderlich.

Keine Gnade durch das Landgericht und auch nicht durch das Oberlandesgericht

Das OLG Celle schloss sich dem Landgericht Bückeburg an und wies die Ansprüche der Klägerin zurück.

Ein Verstoß gegen seine Berufspflichten habe der Notar nicht begangen. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe es sich bei der gewählten Vertragsgestaltung unter Einbeziehung des notariell beurkundeten Gesellschafterbeschlusses um den sichersten Weg zur wirksamen Errichtung der Urkunde gehandelt. Zu der Wahl des sichersten Wegs war der Notar qua Beruf verpflichtet.

Richtigerweise stellte das OLG Celle klar, dass der BGH seinerzeit nur gegen die analoge Anwendbarkeit von § 179a AktG entschieden hatte. Gar nicht habe sich der BGH zur Beurkundungsbedürftigkeit eines bei (siehe oben) „besonders bedeutsamen Geschäften“ geäußert. Bis zum heutigen Tag existiert zu dieser Frage keine Rechtsprechung des BGH. Jedoch existieren zumindest einige Literaturstimmen, wonach ein Gesellschafterbeschluss vor einer Transaktion beurkundet werden müsse. Im Ergebnis bescheinigte das OLG Celle dem Notar daher, einwandfrei gehandelt und abgerechnet zu haben.

Also eigentliches alles beim Alten

Auch der M&A Anwalt ist verpflichtet, seinen Mandanten den sichersten Weg zu empfehlen. Sowohl aus Verkäufer- als auch aus Käufersicht sollte angesichts der zahlreichen unterschiedlichen Literaturmeinungen bis zur Klärung dieser Frage durch den BGH auf einen notariell beurkundeten Gesellschafterbeschluss hingewirkt werden, um nicht die Nichtigkeit einer Transaktion zu riskieren.