Besonders schwere Steuerhinterziehung bereits ab 50.000 Euro
BGH geht von einheitlicher Wertgrenze aus.
In einer aktuellen Entscheidung nimmt der Bundesgerichtshof (BGH) bei jeder Steuerhinterziehung über 50.000 Euro ein „großes Ausmaß“ im Sinne des Steuerstrafrechts an. Ab dieser Schwelle liegt somit ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vor – mit den entsprechenden Konsequenzen für das Strafmaß und die Verjährung.
Paukenschlag aus Karlsruhe
Ruhig hätte es werden können im Steuerstrafrecht. Immerhin war die Flut der Selbstanzeigen nach einer Verschärfung der Voraussetzungen für die Straffreiheit stark zurückgegangen. Gesetzgeber und Rechtsprechung sorgen jedoch weiter dafür, dass sich der Rechtsanwalt für Steuerstrafrecht stets auf veränderte rechtliche Rahmenbedingungen einstellen muss.
Ein neuer Paukenschlag kommt nun vom BGH aus Karlsruhe. Die Richter entschieden in einem aktuellen Urteil (BGH, 27.10.2015 – 1 StR 373/15) über die Voraussetzungen eines besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung bzw. Steuerverkürzung. Für einen besonders schweren Fall muss sich das Ausmaß der verkürzten Steuern deutlich von dem als durchschnittlich häufig vorkommenden Verkürzungsumfang abheben. Diese recht unbestimmte Definition ist insbesondere durch die Rechtsprechung in konkrete Zahlen umzusetzen. Der BGH legt die Wertgrenze mit der Entscheidung nun einheitlich auf 50.000 Euro fest. Die bisherige Rechtsprechung des BGH sah bei unvollständigen Steuererklärungen eine Wertgrenze von 100.000 Euro vor.
Eine Unterscheidung zwischen einem Gefährdungsschaden und einem Vermögensverlust findet nicht mehr statt.
Weitere wichtige Aspekte des Urteils
Die Wertgrenze von 50.000 Euro, so der BGH, könne auch durch Addition verschiedener hinterzogener Steuern überschritten werden, wenn Tateinheit anzunehmen sei. In dem vom Gericht zu entscheidenden Sachverhalt hatte der Inhaber einer Pizzeria durch die Abgabe falscher Steuererklärungen Umsatzsteuer in Höhe von ca. 54.000 Euro und Gewerbesteuer in Höhe von ca. 80.000 Euro hinterzogen. Es reiche für einen besonders schweren Fall aus, wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt steuerlich erhebliche Tatsachen verschweigt und den Steueranspruch damit in einer Höhe von mehr als 50.000 Euro gefährdet.
Bewertung der Entscheidung
Viele Experten im Steuerstrafrecht hatten die Entscheidung erwartet. Die Brisanz des Urteils liegt darin, dass Beträge von 50.000 Euro oder mehr gerade bei Umsatzsteuerstraftaten und bei der Hinterziehung von Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer schnell erreicht sind. Die Entscheidung sollte auch im Zusammenhang mit den sich häufenden Ermittlungen gemäß § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO (Abgabenordnung) zur Überprüfung der steuerlichen Verhältnisse gesehen werden. Diese werden vom Finanzamt – meist der Steuerfahndungsstelle – aufgrund von Geldwäscheanzeigen der Banken eingeleitet. Die betroffenen Steuerzahler müssen dann Auskunft über die Hintergründe verdächtiger Bareinzahlungen oder Überweisungen geben. Häufig werden die Steuerfahnder hierdurch unversteuerten Schenkungen auf die Spur kommen.