Bahn – Vorstand kassiert Bonus trotz schlechter Performance!?

Variable Vergütung des Vorstandes auf dem Prüfstand

Boni für den Vorstand sind immer ein Aufreger: Die Presse neidet dem Vorstand regelmäßig das hohe Gehalt. Und auch die Bild-Leser sind regelmäßig schockiert angesichts der hohen Vergütung. In den großen Chor der Neider stimmen dann auch die Berufspolitiker ein. Doch was hat es mit Vorstandsvergütung und Boni auf sich? Warum konnte der Bahnvorstand trotz (teilweise) schlechter Performance einen Bonus bekommen?

Veröffentlicht am: 19.12.2023
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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Vergütung des Vorstandes

Die Vergütung von Vorständen ist mittlerweile kein Buch mit sieben Siegeln mehr. Spätestens seit Einführung des „Say-on-Pay“ durch die Hauptversammlung kann sich jedermann einen Eindruck von der Vergütung des Vorstandes verschaffen. Doch wie sieht das Vergütungssystem des Vorstandes aus? Wie ist die Struktur des Vergütungssystems?

Interessant zu wissen ist, dass sich die Vergütung des Vorstandes einer AG typischerweise aus mehreren Komponenten zusammensetzt:

  • feste Vergütung,
  • Boni (STIP, LTIP),
  • Versicherungen, u.a. Lebensversicherung, D&O-Versicherungen,
  • Versorgungszusagen,
  • Antrittsgelder und Abfindungen
  • Sonstiges (Dienstwagen, Handy etc. …)

Komplexität der Vergütung: Arbeit für den Vergütungsberater

Die Vielzahl der Komponenten macht die Sache komplex. Dies zeigt sich spätestens dann, wenn sich die im Aktiengesetz angelegte Frage nach der Angemessenheit der Vergütung stellt. Die Antwort muss die Gesamtvergütung, d.h. die Summe der Komponenten, im Fokus haben.

Die Komplexität der Vergütung des Vorstandes zeigt auch daran, dass es in diesem Zusammenhang mittlerweile eine eigene Berufsbezeichnung gibt: den Vergütungsberater. Diese Vergütungsberater sind oft bei Beratungsgesellschaften angedockt. Es gibt aber auch eine Reihe spezialisierter Beratungsunternehmen, die sich nur mit dem Thema Geschäftsleitervergütung beschäftigen.

Boni, Bonus und variable Vergütungssysteme

Im Fokus der Vorstandsvergütung stehen häufig die variablen Vergütungsbestandteile. Diese werden von den Beteiligten oft als „Kicker“ verstanden. Sind sie oft auch, allerdings dürfen sie nach Meinung vieler nicht über die festen Bestandteile „hinausschießen“. Was dies im Einzelnen bedeutet und warum dies zwingend so sein soll? Keiner weiß es so richtig …

Bekannt ist aber, dass Boni oft eine kurzfristige und langfristige Komponente haben. Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) schreibt dies sogar ausdrücklich vor. Die Praxis spricht hier in Englisch oft von short term incentive plans / programms (STI) und long term incentice plans / programms.

Bekannt ist auch, dass die variable Vergütung in Geld und/oder geldwerten Gütern, wie Optionen, Aktien o.ä., gezahlt werden kann.

Indikatoren, Schwellen, Auslöser für Boni

Boni werden für gewöhnlich nicht einfach so gezahlt. Die Zahlung von Boni ist vielmehr häufig an

  • bestimme Ereignisse, z.B. Börsengang, erfolgreiche IT-Umstellung;
  • bestimmte Performanceindikatoren, z.B. EBIT, Kundenzufriedenheit

geknüpft. Oft gilt dabei nicht die Devise „alles oder nichts“, sondern es wird mit prozentualen Zielwerten, Zielerreichungswerten gearbeitet.

Boni trotz verfehlter Performanceindikatoren

Beim Vorstand der Bahn war es nun offensichtlich so, dass das Vergütungsmodell eine Reihe von (kurzfristigen) Performanceindikatoren vorsah. So hatten offensichtlich die Pünktlichkeit der Züge, die Zufriedenheit der Mitarbeiter und die Zufriedenheit der Kunden Einfluss auf die Boni der Vorstände.

Das Besondere des Vergütungsmodells des Vorstandes der Bahn war – so jedenfalls die Presse – eine kreative Gestaltung. So konnte eine Übererfüllung eines Performanceindikators die grandiose Zielverfehlung bei anderen Indikatoren teilweise bzw. gänzlich ausgleichen. 

Ob dies ein „Trick“ oder eine sachlich gerechtfertigte Incentivierung war, lässt sich von der Ferne nicht beurteilen. Beurteilen muss dies der Aufsichtsrat, er haftet als Treuhänder der Aktionäre persönlich für „ungenügende“ Vergütungsmodelle des Vorstandes. Diese Haftung geltend machen müsste der Vorstand.

Nachtigall ick hör Dir trapsen.