Auch der Glaube muss sich an das Datenschutzrecht halten

EuGH Entscheidung zu Zeugen Jehovas und Datenschutzrecht

Veröffentlicht am: 27.07.2018
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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EuGH Entscheidung zu Zeugen Jehovas und Datenschutzrecht

Ein Beitrag von Desiree Szitnick

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich mit der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas zu befassen. Auf Grundlage einer finnischen Vorlagefrage stellten die Richter klar, dass sich Zeugen Jehovas bei ihren Missionierungsversuchen an Haustüren ebenfalls an die EU-Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten halten müssen.

Finnland geht gegen Hausbesuche vor

Ursprünglich hatte bereits 2013 die finnische Datenschutzkommission den Zeugen Jehovas verboten, personenbezogene Daten bei ihren Hausbesuchen zu erheben und zu verarbeiten. Die Mitglieder der Religionsgemeinschaft hatten Daten wie Name, Adresse und religiöse Orientierung der vorgefundenen Personen notiert. Der Haken daran: die befragten Personen wurden über die Erhebung ihrer Daten weder informiert, noch hatten sie darin eingewilligt.

Dabei sind die Zeugen Jehovas bei ihrer Missionierungsarbeit besser organisiert, als so manch einer glauben mag. Die Glaubensgemeinschaft organisiert die Verkündigungstätigkeiten ihrer Mitglieder nämlich genau und geht dabei äußerst strukturiert vor. Auf Gebietskarten wurden die gesammelten Daten gezielt bei der Arbeit genutzt. Dabei wurde beispielsweise genau vermerkt, wo bereits Mitglieder Hausbesuche abgehalten hatten oder wie viele Publikationen in einem Bezirk bereits verbreitet wurden. Auch wurde genau markiert, welche Personen in einem Gebiet darum gebeten hatten, in Zukunft nicht mehr aufgesucht zu werden.

EU-Datenschutzvorschriften überhaupt anwendbar?

In einer Vorlagefrage hatte nun ein finnisches Gericht den EuGH um Stellungnahme gebeten, ob die Praktiken der Zeugen Jehovas überhaupt unter die EU-Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten fallen.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 10.07.2018 zunächst festgestellt, dass die Hausbesuche der Religionsgemeinschaft keine persönlichen oder familiären Tätigkeiten seien. Eine Ausnahme von der Beachtung der Schutzvorschriften liege damit nach Ansicht des Gerichtes nicht vor.

Vielmehr falle unter die EU-Vorschriften jede Sammlung personenbezogener Daten, die im Rahmen einer Verkündigungstätigkeit erhoben werden, sofern die gesammelten Daten nach bestimmten Kriterien so strukturiert seien, dass sie in der Praxis zur späteren Verwendung leicht wiederauffindbar seien. Damit fallen ganz klar auch die von den Zeugen Jehovas gesammelten Daten unter das europäische Datenschutzrecht.

Die Entscheidung erging noch zum alten Datenschutzrecht und nicht zur neuen Datenschutzgrundverordnung. Die dort getroffenen Grundsätze sind aber übertragbar.

Die Frage der Verantwortlichkeit

Der EuGH hatte sich ferner mit der Frage zu beschäftigen, wer nun als Verantwortlicher angesehen werden könne – die gesamte Religionsgemeinschaft oder die einzelnen Mitglieder, die die Daten erhoben hatten?

Dabei legte der EuGH fest, dass grundsätzlich auch mehrere, an der Verarbeitung beteiligte Akteure eine solche Verantwortlichkeit treffen könne. Diese kann dann allein unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände unterschiedliche stark ausfallen.

Dabei reicht es aus, dass eine natürliche oder juristische Person aus einem gewissen Eigeninteresse Einfluss auf die Verarbeitung der personenbezogenen Daten nimmt. Ein direkter Zugang zu den personenbezogenen Daten dagegen wird nicht vorausgesetzt. Damit seien auch im vorliegenden Fall sowohl die Religionsgemeinschaft, als auch die einzelnen Mitgliedern verantwortlich im Sinne der Datenschutz-Vorschriften.