Homeoffice für Stewardess - Arbeitszimmer Zuhause für alle!

Kann jetzt jeder ein privates Arbeitszimmer von der Steuer absetzen? 

Das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) zur steuerlichen Absetzbarkeit von häuslichen Arbeitszimmern einer Stewardess wirft zurecht Fragezeichen bei manchem Praktiker hervor und zeigt, dass das Steuerrecht und die Realität nicht immer beieinander liegen. Kann jetzt wirklich jeder ein Arbeitszimmer steuerlich geltend machen?

Veröffentlicht am: 28.03.2022
Qualifikation: Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lesedauer:

Kann jetzt jeder ein privates Arbeitszimmer von der Steuer absetzen? 

Autor: Fiona Schönbohm, Rechtsanwältin in Hamburg und Berlin

Das aktuelle Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) zur steuerlichen Absetzbarkeit von häuslichen Arbeitszimmern einer Stewardess wirft zurecht Fragezeichen bei manchem Praktiker hervor und zeigt, dass das Steuerrecht und die Realität nicht immer beieinander liegen. Kann jetzt wirklich jeder ein Arbeitszimmer steuerlich geltend machen? 

Flugbegleiterin macht Arbeitszimmer geltend 

Die hier betroffene Dame ist Stewardess und machte in ihrer Steuerklärung Aufwendungen in Höhe von 1.250 EUR für ein häusliches Arbeitszimmer geltend - obwohl sie dies quasi nie nutzte, sondern den überwiegenden Teil ihrer Zeit in der Luft war.

Das Finanzgericht hatte dies in erster Instanz abgelehnt. Begründung: Der Anteil ihrer Arbeiten am Schreibtisch seien im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit der Klägerin so gering, dass ein eigenes Arbeitszimmer dafür nicht erforderlich gewesen sei. Die Arbeiten hätten ihrem Umfang nach auch "am Küchentisch" ausgeführt werden könen. 

Absatzbarkeit von eigenem Arbeitszimmer im Steuerrecht 

Die Regelung zur Absetzbarkeit des eigenen Arbeitszimmers von der Steuer wird zuletzt aufgrund des enormen Anstiegs von Homeoffice in der deutschen Berufslandschaft immer relevanter - seit Beginn der Covid-Pandemie schrieb streckenweise immer wieder sogar das Gesetz eine Verlagerung der Tätigkeit ins Homeoffice vor, sofern dies den Umständen nach möglich war. 

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können im Steuerrecht grundsätzlich nicht als Werbungskosten geltend gemacht werden (§ 9 Absatz 5 i.V.m. § 4 Absatz 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG).

Ausnahmsweise ist dies im Rahmen der Einkommenssteuer indes doch möglich

  1. bis zu einer Höhe von 1.250 EUR, 
  2. wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Bildet das Arbeitszimmer dagegen den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit, können die Aufwendungen der Höhe nach unbeschränkt abgezogen werden. 

BFH: Aufwendungen sind abziehbar

Der Bundesfinanzhof hob das obige Urteil jetzt in zweiter Instanz auf und gab der Frau Recht. Sie konnte ihr privates Arbeitszimmer daher steuerlich geltend machen, obwohl die dort ausgeführten Arbeiten nur eine stark untergeordnete Rolle gespielt hatten.

Zur Begründung führten die Richter aus: Ob die Arbeiten theoretisch auch an einem anderen Ort im eigenen Haus hätten verrichtet werden können, sei für das Steuerrecht irrelevant. Entscheidend sei, dass kein Arbeitsplatz von Seiten des Arbeitgebers zur Verfügung stehe. 

Nur, wenn eine der Höhe nach unbegrenzte Absetzbarkeit geltend gemacht wird, werde stattdessen darauf geguckt, wieviel das Arbeitszimmer tatsächlich genutzt wird. 

Fazit: Homeoffice für alle?

Die Entscheidung ist für all diejenigen relevant, die von ihrem Arbeitgeber kein eigenes Büro oder eine Möglichkeit gestellt bekommen, im Büro zu arbeiten, ihren Arbeitsalltag aber dennoch nicht im Homeoffice verbringen. Das können, mal herumgesponnen, auf den ersten Blick Flugbegleiter ebenso sein wie Mitarbeiter der Stadtreinigung sowie jegliches Reinigungspersonal, Angestellte auf dem Bau oder im Event-Management, die vor Ort tätig werden, und so weiter und so fort. Die Liste geht endlos weiter.

Solange die Gesetzgebung diese Konstellation nicht erkennt und das betroffene Gesetz ändert - machen Sie doch Kosten für Ihr privates Arbeitszimmer geltend!