28 Millionen Euro Geldbuße gegen Banken-Kartell
EU-Kommission ahndet verschiedene Kartellverstöße
EU-Kommission ahndet verschiedene Kartellverstöße
Ein Beitrag von Dr. Bernd Fleischer, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Die Europäische Kommission hat die Banken Crédit Agricole, Credit Suisse und Bank of America sowie Merrill Lynch wegen Kartellrechtsverstößen mit Geldbußen von insgesamt gut 28 Mio. EUR belegt. Gegen die Deutsche Bank wurde keine Geldbuße verhängt, da das Unternehmen die Kommission vom Bestehen des Kartells in Kenntnis gesetzt hatte.
Was war passiert?
Die genannten Banken hatten sich an einem Kartell im Bereich des Handels mit auf US-Dollar lautenden staatlichen und halbstaatlichen Anleihen (sogenannten „SSA-Anleihen“) auf dem Sekundärmarkt im Europäischen Wirtschaftsraum beteiligt. Die konkrete Kartellbeteiligung der vier Investmentbanken erfolgte über eine Kerngruppe von Wertpapierhändlern, die in ihren für SSA-Anleihen in US-Dollar (USD) zuständigen Abteilungen arbeiteten und regelmäßig miteinander in Kontakt waren.
Austauschen relevanter Geschäftsinformationen kartellrechtswidrig
Die beteiligten Wertpapierhändler, die miteinander in direktem Wettbewerb standen, loggten sich auf Bloomberg-Terminals in Chatrooms ein. Die Händler informierten sich fortlaufend einander über einen Zeitraum von 5 Jahren über ihre aktuellen Handelstätigkeiten und tauschten sensible Geschäftsinformationen aus, sprachen die ihren Kunden oder dem Markt allgemein genannten Preise ab und stimmten ihren Handel mit den Anleihen auf dem Sekundärmarkt ab. Dieses Verhalten wirkte sich auf den Sekundärmarkthandel mit auf US-Dollar lautenden SSA-Anleihen im gesamten EWR aus.
Hard-Core-Verstöße, Preisabsprachen und Kundenaufteilung
Die Untersuchung der Kommission ergab, dass die Händler nicht nur die bestimmten Kunden oder dem Markt allgemein genannte Preise absprachen, sondern darüber hinaus auch vereinbarten, von Geboten/Angeboten, bei denen sie ansonsten miteinander konkurriert hätten, abzusehen oder sie zurückzuziehen. Auch wurden Handelsgeschäfte untereinander aufgeteilt, um der Anfrage bestimmter Kunden zu entsprechen, ohne dass diesem bewusst wurde, dass er es mit mehr als einem Händler zu tun hatte, sodass er in der Praxis nur eine beschränkte Auswahl hatte.
Verstoß gegen Artikel 101 AEUV
Das aufgezeigte Verhalten der vier Banken verstößt gegen die EU-Kartellvorschriften, nach denen wettbewerbswidrige Geschäftspraktiken wie Preisabsprachen im Wettbewerbsrecht bzw. Kartellrecht gemäß Artikel 101 AEUV untersagt sind. Nach Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) werden wettbewerbswidrige Verhaltensweisen, so auch wettbewerbsbeschränkende Preisabsprachen verboten.
Höhe der Kartell-Geldbuße
Die Geldbußen gegen die beteiligten Banken wurden auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 festgesetzt.
Bei der Höhe der Geldbußen wurden insbesondere der Umsatz der Kartellteilnehmer mit den betreffenden Produkten im EWR, die Schwere der Zuwiderhandlung, die geografische Reichweite des Kartells und die jeweilige Dauer der Kartellbeteiligung berücksichtigt.
Deutsche Bank genießt Kronzeugenstatus und bleibt bussgeldfrei
Die Deutsche Bank ging bussgeldfrei aus, da sie den Kronzeugenstatus erlangte, das Kartell bei der Kommission meldete und zur vollständigen Aufklärung beitrug. Auf der Grundlage der Kronzeugenregelung von 2006 wurde der Deutschen Bank die Geldbuße, die sonst etwa 21 Mio. EUR betragen hätte, vollständig erlassen, da das Unternehmen die Kommission über die Existenz des Kartells informiert hatte.
Weitere Schadenersatzklagen möglich
Personen und Unternehmen, die von wettbewerbswidrigem Verhalten wie dem in der vorliegenden Kartellsache beschriebenen betroffen sind, können vor den Gerichten der Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind Beschlüsse der Europäischen Kommission ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Selbst wenn die Kommission gegen die Kartellteilnehmer Geldbußen verhängt hat, kann demnach zusätzlich Schadensersatz zuerkannt werden. Die von der Kommission verhängte Geldbuße würde dabei nicht mindernd angerechnet.
Für die beteiligten Kartellanten ergeben sich demnach die Geldbuße der Kommission, etwaige Schadenersatzklagen von betroffenen Unternehmen oder Personen und nicht zuletzt ein immenser Reputationsschaden nach Aufdeckung eines Kartells.
Die Kronzeugenregelund oder das Hinweisgebersystem führen nicht nur bei der Europäischen Kommission, sondern auch in Deutschland zu einer Aufdeckung zahlreicher kartellrechtswidriger Verhaltensweisen.