Xavier Naidoo darf nicht als Antisemit betitelt werden
Sänger gewinnt persönlichkeitsrechtliches Verfahren
Sänger gewinnt persönlichkeitsrechtliches Verfahren
Ein Beitrag von Desiree Szitnick
Dieser Weg war für Xavier Naidoo bestimmt kein leichter – im Ergebnis für den Sänger aber durchaus erfolgreich. Der Popsänger konnte sich gegen Antisemitismus-Vorwürfe zur Wehr setzen und darf in Zukunft von einer Referentin der Amadeu-Antonio-Stiftung nicht mehr als Antisemit bezeichnet werden, urteilte das Landgericht in Regensburg am 17.07.2018.
Vorwürfe wegen antisemitischer Liedtexte
Die 1998 gegründete Amadeu-Antonio-Stiftung setzt sich gegen Rassismus und Antisemitismus in Deutschland ein. Die Referentin der Stiftung hatte im vergangenen Jahr vor Publikum über Xavier Naidoo gesagt: „Er ist Antisemit, das ist strukturell nachweisbar“.
So „strukturell nachweisbar“ befand das Gericht die antisemitischen Vorwürfe gegen den Sänger allerdings nicht. Das Gericht in Regensburg kam zu dem Schluss, dass die Referentin den Vorwurf gegen den Popsänger nicht ausreichend belegt habe.
Künstler beruft sich auf Kunstfreiheit
Xavier Naidoo hatte sich auf seine Kunstfreiheit berufen und betont, dass er sich selbst gegen Rassismus einsetze. Den Vorwurf, ein Antisemit zu sein, wies er vor Gericht entschieden zurück.
Die Referentin hatte vorgelegt, dass der Künstler in seinen Liedtexten antisemitische Codes und Chiffren verwende. Auch dies wies der Künstler entschieden zurück, er habe seine Texte anders verstanden haben wollen.
Allerdings sei die Begründung der Referentin ohnehin lückenhaft. Die Aussage „er ist Antisemit“ greife nämlich Xavier Naidoo in seiner gesamten Persönlichkeit an. Der damit verbundene Angriff auf das Persönlichkeitsrecht des Sängers beschränke sich damit nicht allein auf seine Lieder. Dass Naidoo in seiner gesamten Person ein Antisemit sei, habe die Referentin im Gericht allerdings nicht ausreichend genug belegt. Damit seien ihre Vorwürfe im Ergebnis nicht gerechtfertigt.
Der Schutz der Persönlichkeit im Medienrecht
Letztlich ging es um eine Abwägung zwischen der Meinungsäußerungsfreiheit und dem Schutz des Persönlichkeitsrechtes des Betroffenen. Im vorliegenden Fall überwog nach Ansicht der Richter das Persönlichkeitsrecht des Künstlers.
Xavier Naidoo habe sich glaubhaft von der Verwendung rassistischer Aussagen in seinem Liedtexten distanziert. Dagegen wiege der Vorwurf, ein Antisemit zu sein, in Deutschland sehr schwer. Die Aussage der Referentin musste unter diesem Gesichtspunkt daher besonders genau unter die Lupe genommen werden. Nur eine stichfeste Begründung kann einen solchen Vorwurf als gerechtfertigt erscheinen lassen.
Nicht die ersten Rassismus-Vorwürfe
Der Sänger stand in der Vergangenheit bereits häufiger wegen seiner politischen Äußerungen in der Öffentlichkeit in der Kritik. Am Tag der Deutschen Einheit 2014 sprach er in Berlin bei einer Demonstration der sogenannten Reichsbürger, die die Existenz der BRD anzweifeln und die staatliche Ordnung in Deutschland ablehnen. Später betonte der Sänger, mit den Reichsbürgern nichts zu tun zu haben. 2017 folgte auf die Veröffentlichung seines Songs „Marionetten“ eine Welle der Kritik in der Öffentlichkeit. Ihm wurde vorgeworfen, in dem Lied mit abfälligen Bemerkungen über Politiker rechtspopulistische Äußerungen getätigt zu haben.
Die Ereignisse der letzten Jahre zeigen also, dass der Künstler und seine Äußerungen nicht unumstritten sind. Dennoch war im vorliegenden Fall die Begründung für die Antisemitismus-Vorwürfe nicht ausreichend genug und damit die Aussage letztlich nicht haltbar.
Letztlich zeigt die Entscheidung sehr gute die medienrechtlichen Grundsätze von Äußerungen auf, insbesondere die entscheidende Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung.