Wie italienisch ist eigentlich Balsamico
Neue EuGH-Entscheidung im Lebensmittelrecht
Im Streit zwischen einem deutschen und einem italienischen Unternehmen über die Bezeichnung von Essigprodukten konkretisiert der Europäische Gerichtshof (EuGH) den Schutzumfang von Herkunfts- und Ursprungsbezeichnungen nach dem europäischen Lebensmittelrecht.
Im Ergebnis sei nur die Gesamtbezeichnung "Aceto Balsamico di Modena" geschützt; die einzelnen Bestandteile „Aceto“ und „Balsamico“ dagegen unterfallen nicht einer Schutzbezeichnung.
Italiener gehen gegen Bezeichnung als „Deutschen Balsamico“ vor
Bestimmte Regionen sind für ihre Lebensmittel bekannt. In Deutschland ist das beispielsweise das Lübecker Marzipan oder das bayerische Bier. Für diese Herkunftsbezeichnungen gibt es die Möglichkeit eines besonderen Schutzes nach dem europäischen Lebensmittelrecht. Auch Italien ist bekannt für seine Lebensmittel. Darunter fällt auch Balsamico aus bestimmten italienischen Regionen.
Genau mit diesem Schutz einer besonderen Herkunftsbezeichnung von italienischem Balsamico-Essig hatte sich jüngst der EuGH zu beschäftigen.
Die Balema GmbH, ein deutscher Lebensmittelkonzern, erzeugt und vermarktet Essigprodukte basierend auf badischen Weinen. Der Konzern verwendet dabei unter anderem auch die Bezeichnungen „Balsamico“ oder „Deutscher Balsamico“. Dagegen wollte ein italienisches Unternehmen, dem Erzeuger des "Aceto Balsamico di Modena (g.g.A.)" angehören, vorgehen und klagte gegen den deutschen Hersteller auf Unterlassung.
Der letztlich mit dem Verfahren befasste Bundesgerichtshof hat nun den EuGH um Auslegung der Verordnung über den Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel gebeten. Der EuGH soll klären, ob allein die Gesamtbezeichnung als "Aceto Balsamico di Modena“ geschützt wird, oder auch einzelne Bestandteile der Bezeichnung einem Schutz unterfallen.
Schutz von Herkunftsangaben und Spezialitäten
Das europäische Lebensmittelrecht schützt insbesondere auch besondere Herkunftsangaben und traditionelle Produktionsverfahren. Unterschiedliche EU-Gütezeichen wurden von der EU zum Schutz und zur Förderung traditioneller und regionaler Lebensmittelerzeugnisse eingeführt.
Das Gütezeichen „g.U.“ (geschützte Ursprungsbezeichnung) garantiert, dass die gesamte Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung eines Lebensmittels in einem bestimmten geografischen Gebiet nach einem festgelegten Verfahren erfolgt. Damit wird gewährleistet, dass zwischen den Merkmalen des Produktes und seiner geografischen Herkunft ein enger Zusammenhang besteht. Das Lebensmittel weist dementsprechend Merkmale auf, die ausschließlich mit dem Gebiet und den Fähigkeiten der Erzeuger in der Herstellungsregion zusammenhängen.
Das Gütezeichen „g.g.A“ (geschützte geografische Angabe) sichert eine Verbindung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln mit ihrem Herkunftsgebiet, wobei es ausreicht, wenn entweder die Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung in dem Herkunftsgebiet stattgefunden hat. Die mit diesem Zeichen gekennzeichneten Produkte haben damit eine spezifische Eigenschaft oder ein Ansehen, das sie mit einer bestimmten Region verbindet.
Auch die Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena (g.g.A.)" ist bereits seit 2009 im Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und der geschützten geografischen Angaben (g.g.A.) eingetragen. Der „Aceto Balsamico di Modena“ ist als Balsamessig aus Modena über die Grenzen von Italien bekannt.
Schützt das EU-Recht auch einzelne Bestandteile?
Dass die Gesamtbezeichnung damit dem Schutz des europäischen Lebensmittelrechts unterliegt, ist unstreitig. Die Frage war vielmehr, ob sich dieser Schutz auf nur einzelne, nicht geografische Bezeichnungen, insbesondere „Aceto“ und „Balsamico“ erstreckt.
Dies lehnte der EuGH nun ab. Allein die Gesamtbezeichnung „Aceto Balsamico di Modena“ sei geschützt, da sie sowohl auf dem nationalen Markt, als auch im Ausland erkannt werde. Dagegen werden die nicht geografischen Teilbezeichnungen „Aceto“ und „Balsamico“ allein nicht geschützt. Der Begriff „Aceto“ sei vielmehr eine übliche Bezeichnung und auch die Bezeichnung „Balsamico“ werde vielfach für Essigprodukte verwendet, die durch einen süßsauren Geschmack gekennzeichnet sind. Zudem sind diese Begriffe bereits zulässige Bestandteile anderer geschützter Bezeichnungen, wie beispielsweise „Aceto balsamico tradizionale di Reggio Emilia“, sodass auch im Fall des „Deutschen Balsamico“ eine Verwendung nicht beanstandet werden könne, so der EuGH (Urteil vom 04.12.2019, Az.: C-432/18).