Prozessfinanzierung & Kampf ums Recht
So positioniert sich der Deutsche Juristentag
Der Deutsche Juristentag befasst sich mit dem wichtigen Thema "Zugang zur Justiz". Die Juristen sind sich einig, dass die Prozessfinanzierung den Zugriff auf die Justiz erleichtern kann
Bei der Durchsetzung individueller Rechte vor Gericht zeigt sich in der Anwaltspraxis immer wieder, dass finanzielle Hürden den Zugang zum Gericht verhindern können. Das Third Party Funding bietet einen Weg, der den „Kampf ums Recht“ ebnet. Der 74. Deutsche Juristentag (DJT), der im September 2024 in Stuttgart stattfand, hat sich mit den Themen Zugang zum Recht und Prozessfinanzierung intensiv auseinandergesetzt. Die teilnehmenden Juristen diskutierten intensiv über die Chancen und Nachteile der Prozessfinanzierung und den Einsatz moderner Legal-Tech-Lösungen.
In diesem Beitrag werden die wesentlichen Diskussionen und Beschlüsse des aktuellen Deutschen Juristentages zur Prozessfinanzierung dargestellt.
Rolle des Deutschen Juristentags
Bei dem Deutschen Juristentag handelt es sich um eine bedeutende juristische Fachtagung in Deutschland. Er findet im Zweijahresrhythmus statt und bringt Juristen aus allen Berufsgruppen – darunter Anwälte, Richter, Notare, Wissenschaftler und Studierende – zusammen, um über aktuelle rechtspolitische Fragestellungen zu diskutieren. Der DJT hat sich zur Aufgabe gestellt, auf wissenschaftlicher Basis die Notwendigkeit rechtlicher Themen zu prüfen und der interessierten Öffentlichkeit konkrete Reformvorschläge zu unterbreiten. Aufgrund seiner wissenschaftlichen und praxisnahen Expertise genießt der DJT auch in politischen Kreisen ein gewisses Ansehen. Seine Empfehlungen finden nicht selten Berücksichtigung bei der Gesetzgebung.
Zugang zum Recht und Prozessfinanzierung
Einer der zentralen Punkte der zivilrechtlichen Abteilung des 74. Deutschen Juristentags war die Verbesserung des Zugangs zur Justiz. Hierbei wurde insbesondere die Rolle der Prozessfinanzierung und der Einsatz von Legal-Tech-Lösungen diskutiert. Prozessfinanzierung ermöglicht es Personen und Unternehmen, die nicht in der finanziellen Lage sind, ein Gerichtsverfahren zu führen, dennoch ihre Ansprüche durchzusetzen. Dabei übernimmt ein Prozessfinanzierer die Verfahrenskosten gegen eine Beteiligung am Klageerfolg.
Die Diskutanten der zivilrechtlichen Abteilung betonten, dass eine Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Entwicklungen im Bereich der Prozessfinanzierung und Legal-Tech wichtig sei, um den Zugang zum Recht weiter zu verbessern.
Vorteile einer Prozessfinanzierung
Prozessfinanzierung bietet zahlreiche Vorteile, sowohl für Einzelpersonen als auch für Unternehmen bei der Durchsetzung ihrer Rechte vor Gericht oder in Schiedsverfahren. Sie bietet eine finanzielle Entlastungder Parteien. Parteien, die sich sonst keine Prozessführung leisten könnten, erhalten die Möglichkeit, ihre Rechte gerichtlich durchzusetzen. Da Prozessfinanzierer das Kostenrisiko übernehmen, können Kläger ohne erhöhte Kostenbelastung bei einer möglichen Niederlage vor Gericht auftreten. Prozessfinanzierer prüfen vorab die Erfolgsaussichten eines Falls, wovon auch die Beteiligten profitieren. Indem der Zugang zur Justiz unabhängig von den finanziellen Mitteln einer Partei gewährleistet wird, trägt die Prozessfinanzierung zur Chancengleichheit und zur Durchsetzung des materiellen Rechts bei.
Beschlüsse des Deutschen Juristentages zur Prozessfinanzierung
Der 74. Deutsche Juristentag hat verschiedene Aspekte der Prozessfinanzierung analysiert und diskutiert. Folgende wichtige Beschlüsse und Empfehlungen wurden verabschiedet:
Ablehnung einer umfassenden Preiskontrolle: Eine generelle Preisregulierung wurde abgelehnt, da sie nicht im Einklang mit einer wettbewerbsorientierten Wirtschaftsordnung steht.
Verzicht auf eine behördliche Aufsicht: Die Einführung einer behördlichen Aufsicht über Prozessfinanzierer wurde abgelehnt, da diese als unnötige Regulierung und potenzielle Einschränkung des Zugangs zur Justiz betrachtet wurde.
Erhalt des Fremdbesitzverbots: Der DJT entschied, das Fremdbesitzverbot für Anwaltskanzleien weder zu lockern noch zu verschärfen. Damit soll eine weitere Kommerzialisierung der Rechtsberatung verhindert und die Unabhängigkeit der Anwaltschaft bewahrt werden.
Keine Änderung bei Erfolgshonoraren: Die bestehenden Beschränkungen hinsichtlich der Art und Höhe der Vergütung für anwaltliche Tätigkeiten sowie der Schranken für eine Prozessfinanzierung durch Rechtsanwälte sollen unverändert bleiben. Der DJT betont, dass diese Regelungen wichtig seien, um die Integrität und Unabhängigkeit der Anwaltschaft zu sichern.
Ausblick – Meine Anwaltsmeinung
Die Beschlüsse des DJT spiegeln die komplexe Abwägung wider, die zwischen der Förderung des Zugangs zur Justiz und dem Schutz der Unabhängigkeit und Integrität des Rechtsberufs vorgenommen wird. Die Prozessfinanzierung spielt im Maschinenraum der Justiz eine wichtige Rolle. Insbesondere bei erheblichen Kostenrisiken trägt sie dazu bei, die rationale Apathie einer Person, die gerichtliche Schritte wegen finanzieller Lasten meidet, zu überwinden.
Der DJT hat mit seinen Diskussionen und Beschlüssen wichtige Impulse zur Weiterentwicklung der Prozessfinanzierung und zur Verbesserung des Zugangs zur Justiz gesetzt. Die miteinander verwobenen Themen der wirtschaftlichen Freiheit, Schutz der Parteien und Wahrung der Anwaltsunabhängigkeit sind aber noch lange nicht ausdiskutiert. Viele rechtspolitische Antworten stehen noch aus.