Legal Tech anstelle von individueller Beratung?
Vertragsdokumentengenerator spart Zeit, aber auch Individualität
Vertragsdokumentengenerator spart Zeit, aber auch Individualität
Ein Beitrag von Anna-Maria Blömer
Wer gerade keine Zeit hat, sich selbst mit der Vertragserstellung zu beschäftigen und einzelne Vertragsklauseln individuell einzufügen, der kann ganz einfach online ein paar Fragen beantworten, und diese Arbeit von einem Dokumentengenerator erledigen lassen. Diese Legal Tech Anwendung erstellt einen Entwurf auf Basis der Antworten, die man auf eine Reihe von Fragen gegeben hat. Anhand von vorgefertigten Textbausteinen wird dann ein Vertragsentwurf zusammengestellt.
Rechtsdokumentengenerator in Kritik
Schon Ende des Jahres 2019 stand ein Rechtsdokumentengenerator in der öffentlichen Kritik. Infolgedessen wurde es dem Betreiber untersagt, ohne Anwaltszulassung mit Hilfe eines automatischen Rechtsdokumentengenerators Rechtsdienstleistungen digitaler Art zu erbringen. Der damaligen Klägerin, der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Hamburg, wurde recht gegeben. Ein Unterlassungsantrag wurde vom OLG Köln auf Basis der Berufung der Beklagten abgelehnt.
Die damalige Entscheidung war der Grund dafür, dass Voraussetzungen für das Betreiben ähnlicher Legal Tech Software gestellt wurden. Dazu gehörten das Kommunizieren und Publizieren, dass Betreiber keine konkrete und auf den Einzelfall zugeschnittene rechtliche Prüfung für die individuellen Nutzer durchführen. Aus Sicht der Kölner Richter war das Problem vor allem, dass der in Kritik stehende Dokumentengenerator „gezielt als Alternative zum Rechtsanwalt positioniert“ wurde.
Legal Tech Anwendung ist keine unerlaubte Rechtsdienstleistung
In der Sache wurde nun final vom BGH entschieden. Im Gegensatz zum Urteil der Kölner Richter, sahen die Karlsruher Richter in der Bereitstellung des Vertragsgenerators keine unlautere Handlung. Nach ihrer Auffassung stellte ein Erzeugen von Vertragsentwürfen mittels Legal Tech Anwendung des Verlags keine unerlaubte Rechtsdienstleistung dar.
Begründet wurde das Urteil damit, dass der Betreiber den Nutzern eben keine Beratung im speziellen Einzelfall anbiete, sondern mit Hilfe des Dokumentengenerators lediglich die Angaben des Verwenders auswerte, die dieser basierend auf den Fragen gemacht hat. Diese Angaben bilden das Fundament des vorgeschlagenen Entwurfs. Da vorgefertigte standardisierte Vertragsklauseln verwendet werden, finde keine individuelle Rechtsprüfung statt. Von einem wettbewerbsrechtlichen Verstoß könne somit nicht die Rede sein.
Betroffene Legal Tech Anwendung bietet keine rechtliche Prüfung des Einzelfalls
Dem Betreiber wurde ebenso damals wie heute der Vorwurf gemacht, dass ohne Erlaubnis Rechtsdienstleistungen i.S.d. § 2 Abs. 1 RDG erbracht worden wären. Danach ist eine „Rechtsdienstleistung […] jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten [ist], sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert“.
Damit stellt sich die Frage, ob ein automatischer Rechtsdokumentengenerator wirklich imstande ist, die Arbeit eines Rechtsanwalts zu ersetzen und individuelle rechtliche Wertungen durchzuführen, oder ob er nicht vielmehr nur aus einem Katalog von Textbausteinen wählt und diese zusammensetzt.
Beratung durch Legal Tech vs. Anwalt
Für den Verbraucher wurde im vorliegenden Fall der Eindruck erweckt, dass er eine auf seine individuellen Bedürfnisse perfekt zugeschnittene rechtlich geprüfte Vertragsvorlage bekäme, die über die reine schematische Rechtsanwendung hinausginge. Tatsächlich wird jedoch lediglich aufgrund der vom Nutzer beantworteten Multiple-Choice-Fragen ein Entwurf erstellt, der die dazu passenden Textbausteine aus einem Katalog auswählt und zusammenfügt.
Vor allem für Verträge auf täglicher Basis bietet dieses Angebot einige Vorteile, wenn sie keinerlei individueller Beratung bedürfen und Vertragsentwürfe somit kostengünstiger und viel schneller für den Einsatz bereit stehen. Nachteilig könnte die Beauftragung solcher automatischen Vertragsgeneratoren sein, wenn ein Sonderfall nicht vom System erfasst wird, und die Vertragsaufsetzung eher ein bisschen individuellerer Beratung bedarf.