Kein Kündigungsschutz für Air Berlin-Piloten
Kündigungsschutzklagen scheitern vor den Arbeitsgerichten
Kündigungsschutzklagen scheitern vor den Arbeitsgerichten
Ein Beitrag von Rechtsanwalt Christian Westermann
Die Erinnerung ist noch relativ frisch: Im August 2017 – mitten in den Sommerferien – meldet die damals zweitgrößte deutsche Airline Air Berlin Insolvenz an, nachdem der Mehrheitsgesellschafter Etihad die weitere finanzielle Unterstützung versagt. Mit Mitteln aus dem Bundeshaushalt hält sich Air Berlin noch bis Ende Oktober 2017 in der Luft – dann ist Schluss, zumindest was den Flugbetrieb der Gesellschaft angeht.
Arbeitsrechtliche Fragen sind noch offen
Nicht erledigt sind hingegen Fragen, die das Arbeitsrecht betreffen: Die Arbeitsgerichte beschäftigt die Insolvenz bis heute. So sind nach Presseberichten fast 2.000 Kündigungsschutzklagen gegen den Insolvenzverwalter erhoben worden, die im Wesentlichen darauf gestützt werden, dass ein Betriebsübergang bzw. ein teilweiser Betriebsübergang stattgefunden habe.
Die Klagen erreichen nun nach und nach mit den Landesarbeitsgerichten die höheren Instanzen. In einer Entscheidung vom 17. Oktober 2018 hatte das LAG Düsseldorf die Klage eines ehemaligen Air Berlin - Piloten in der Berufungsinstanz abgewiesen. Aktuell sind im Januar 2019 ähnliche Entscheidungen des LAG Berlin-Brandenburg ergangen.
Betriebsstillegung vs. Betriebsübergang
Die Kläger hatten nach der Insolvenz jeweils eine betriebsbedingte Kündigung erhalten, die damit begründet wurde, dass der Betrieb der gesamten Airline stillgelegt werde. Die Kläger bezweifelten dies und argumentierten in den von ihnen erhobenen Kündigungsschutzklagen, dass es sich nicht um eine Betriebsstillegung, sondern um einen Betriebsübergang bzw. einen Teilbetriebsübergang und damit auch um Kündigungen im Rahmen eines Betriebsübergangs gehandelt habe.
Die Assets von Air Berlin wurden im Zuge des Insolvenzverfahrens zu Geld gemacht. Die Flugzeuge von Air Berlin, die Start- und Landerechte („Slots“) auf verschiedenen Flughäfen usw. wurden veräußert, insbesondere an Lufthansa und Easyjet.
In den bisher entschiedenen Verfahren haben die Gerichte hierzu die Auffassung vertreten, der Betrieb von Air Berlin sei insgesamt stillgelegt worden. Für einen Betriebsübergang fehle es an organisatorisch abgrenzbaren Betriebsteilen, die auf andere Fluggesellschaften hätten übergehen können. Einzelne Flugzeuge oder Start- und Landerechte seien nach Meinung der Gerichte keine selbstständig abgrenzbaren wirtschaftlichen und organisatorischen Betriebsteile. Die Identität einer Fluggesellschaft werde geprägt durch die Gesamtheit der eingesetzten Flugzeuge, der Piloten und der öffentlich rechtlichen Lizenzen und Genehmigungen. Teilbetriebe z.B. an einzelnen Flughafenstandorten habe es nicht gegeben, denn nach der Organisationsstruktur war jedes Flugzeug auf wechselnden Flughäfen im Einsatz. Jedes Flugzeug hat wechselnde Flugrouten und mit stets wechselndem Flugpersonal bedient. Es fehle daher an abgrenzbaren organisatorischen Einheiten als Voraussetzung für einen (Teil-)Betriebsübergang.
Wegen Ungenauigkeiten bei der erforderlichen Massenentlassungsanzeige hat das LAG Düsseldorf allerdings wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.