Kartellrechtswidrige Preisabsprachen zwischen Zuckerherstellern

Strafe: 14,66 Millionen Euro Schadensersatz

Der kartellrechtliche Schadensersatz am Beispiel eines Zuckerhersteller-Kartells: Wer Preisabsprachen mit Konkurrenten trifft, der muss wegen eines Kartellverstoßes später tief in die Tasche greifen.

Veröffentlicht am: 06.07.2023
Qualifikation: Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in Hamburg
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Beim Landgericht Mannheim sind momentan knapp 40 kartellrechtliche Klagen anhängig, welche sich gegen Produzenten aus der Lebensmittel- und Getränkebranche richten. Zwei Pilotverfahren wurden kürzlich entschieden (LG Mannheim, Urteil vom 23.06.2023 – Az. 14 O 61/18 und 14 O 103/18).

Es handelt sich bei den Verfahrensbeteiligten um drei große Zuckerhersteller (Nordzucker, Südzucker und Pfeifer & Langen), gegen die das Bundeskartellamt (BKartA) bereits im Februar 2014 hohe Kartellstrafen verhängt hatte. Damals mussten die Zuckerproduzenten wegen Kartellverstößen Bußgelder in Höhe von ca. 280 Millionen EUR zahlen.

Auch dieses Mal wurde den Unternehmen vorgeworfen, sich bezüglich Preisen und Angeboten ihres Verarbeitungszuckers abgesprochen zu haben.

Welche Strafe droht bei kartellrechtswidrigen Preisabsprachen?

Bei gezielten Preisabsprachen zwischen verschiedenen Wettbewerbern handelt es sich um einen Verstoß gegen das Kartellverbot. Die Strafen für einen Kartellverstoß sind vielfältig:

  1. Das Bundeskartellamt verhängt Bußgelder.
  2. Unternehmen, die durch Preisabsprachen geschädigt wurden, verlangen Schadensersatz.
  3. Den für die Preisabsprachen Verantwortlichen droht eine persönliche Strafverfolgung, die in Geld- oder Freiheitsstrafen münden kann.

Einen Schadensersatzanspruch können kartellgeschädigte Unternehmen aus § 33a Abs. 1 und Abs. 2 (insbesondere Nr. 1: Preisabsprachen und Nr. 3: Angebotsabsprachen) GWB geltend machen. Der Schadensersatzanspruch kann grundsätzlich dann geltend gemacht werden, wenn eine der kartellrechtswidrigen Verhaltensweisen i.S.d. Kataloges des § 33a Abs. 2 GWB vorliegt.

Im vorliegenden Fall haben die geschädigten Unternehmen Nestlé und die Molkerei Alois Müller Schadensersatzansprüche gegen Nordzucker, Südzucker und Pfeifer & Langen geltend gemacht. Wie hat man in Mannheim zum Schadensersatz entschieden?

Urteil: Schadensersatz & Zinsen für Nestlé und Molkerei Alois Müller

Die Mannheimer Richter verurteilten die drei Zuckerhersteller wegen der kartellrechtswidrigen Preis- und Angebotsabsprachen zur Zahlung eines Schadensersatzes. 8,3 Millionen EUR sollen an Nestlé Deutschland und weitere 6,26 Millionen EUR an die Molkerei Alois Müller gezahlt werden. Neben den Schadensersatzzahlungen müssen die verurteilten Unternehmen außerdem Zinszahlungen entrichten.

Überhöhte Preise schränken Wettbewerb ein

Beide Lebensmittelproduzenten hatten bei den angeklagten Unternehmen Zucker zu überhöhten Preisen eingekauft. Die Schäden, die den beiden Lebensmittelherstellern durch die Preisüberhöhung entstanden, belaufen sich dem Gericht zufolge auf 83 Millionen EUR.

Aufgrund der Preisabsprachen zwischen Nordzucker, Südzucker und Pfeifer & Langen sollen die Preise für Verarbeitungszucker in den Jahren 1997 bis 2009 um ganze zwei Prozent überhöht gewesen sein. Auch wenn die europäischen Zuckermärkte reguliert werden, sei den Richtern zufolge ein „wesentlicher Rechtswettbewerb“ möglich gewesen, der jedoch durch die verbotenen Preisabsprachen eingeschränkt wurde.