Kartellrechtliche Untersuchung auf Basis einer neuen GWB-Vorschrift
Bundeskartellamt überprüft Apple
Bundeskartellamt überprüft Technologiekonzern Apple
Ein Beitrag von Dr. Bernd Fleischer, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in Hamburg
Am 21.06.2021 hat das Bundeskartellamt ein Verfahren gegen das Technologieunternehmen Apple nach der neuen kartellrechtlichen Vorschrift für Digitalkonzerne eingeleitet. Hierbei findet eine Anwendung des neuen § 19a Abs. 1 GWB durch die Kartellbehörde statt. Insgesamt geht das Kartellamt dabei bereits gegen das vierte große Digitalunternehmen vor, nachdem in den vergangenen Monaten schon Ermittlungen gegen Facebook, gegen Amazon und gegen Google aufgenommen worden sind.
Worum geht es in der Vorschrift?
Im Januar 2021 ist die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB-Digitalisierungsgesetz) in Kraft getreten. Eine zentrale neue Vorschrift ist dabei § 19a GWB, welche es der Behörde ermöglicht, ein früheres und effektiveres Eingreifen, insbesondere gegen geschäftliche Verhaltensweisen großer Digitalkonzerne vorzunehmen. Hierdurch kann das Kartellamt in einem zweistufigen Verfahren Unternehmen, die eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb haben, wettbewerbsgefährdende Praktiken untersagen.
Marktübergreifende Stellung von Apple
Eingeleitet hat das Bundeskartellamt gegen Apple nunmehr zunächst die erste Stufe, ein Verfahren zur Feststellung der marktübergreifenden Bedeutung. Ein Anhaltspunkt für eine solche Position eines Unternehmens sieht die Kartellbehörde in einem sich über verschiedene Märkte erstreckendes Ökosystem. Entsprechende Machtstellungen sind von anderen Unternehmen oft nur schwer angreifbar. Mit Blick auf die starken Marktpräsenz von Apple mit den zahlreichen Produkten kommt eine solche Position in Betracht.
Prüfung konkreter Verhaltensweisen im zweiten Schritt
Ausgehend von dem ersten Verfahren, der Feststellung der marktübergreifenden Bedeutung, behält sich das Bundeskartellamt vor, in einem möglichen weiteren Verfahren konkrete Verhaltensweisen von Apple kartellrechtlich zu prüfen. Als Anhaltspunkt liegen der Behörde diesbezüglich verschiedene Beschwerden von anderen Unternehmen gegenüber Apple gegen potentiell wettbewerbsgefährdende Praktiken vor.
Beschwerden anderer Unternehmen gegen Apple
Hierzu zählt unter anderem eine Beschwerde eines Verbandes aus der Werbe- und Medienbranche, die sich gegen Apples Tracking-Einschränkung von Nutzern im Zusammenhang mit der Einführung des Betriebssystems iOS 14.5 richtet, und eine Beschwerde gegen die ausschließliche Vorinstallation von konzerneigenen Anwendungen als möglicher Unterfall einer nach § 19a GWB verbotenen Selbstbevorzugung.
App-Entwickler fühlen sich benachteiligt
Darüber hinaus wird auch von App-Entwicklern der Zwang zur Nutzung des Apple-eigenen Systems für In-App-Käufe (IAP) sowie die damit verbundene Provisionshöhe von 30 Prozent kritisiert. Auch werden die damit in Zusammenhang stehenden Marketingbeschränkungen im App Store thematisiert.
Europäische Kommission prüft auch bereits Apples Verhalten
Auch die Europäische Kommission unterhält ein kartellrechtliches Prüfungsverfahren gegen Apple wegen der Beschränkungen des Streamingdienstes Spotify und einer entsprechenden Bevorzugung eigener Dienste auf. Das Bundeskartellamt kann sich hierbei – sofern notwendig – auch mit der Europäischen Kommission sowie anderen Wettbewerbsbehörden in Verbindung setzen und Informationen austauschen.
Mögliche Rechtsfolgen
Ist der Tatbestand des § 19a Abs.1 GWB erfüllt und hat das Bundeskartellamt sowohl eine „marktübergreifende Bedeutung“ festgestellt als auch kartellrechtswidriges Verhalten, kann es anschließend nach § 19 Abs. 2 GWB Apple die monierten kartellrechtlichen Behinderungspraktiken untersagen.