EuGH: Google muss unwahre Suchergebnisse löschen
Recht auf Vergessen gilt auch für Links zu Falschinformationen
Der EuGH hat in einem neuen Urteil die Pflichten von Google erweitert. Suchmaschinen müssen demnach Links zu solchen Websites löschen, auf denen nachweislich falsche Informationen stehen.
Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) schon 2014 das „Recht auf Vergessen“ im Internet eingeführt hat, hat er heute in einem weiteren wegweisenden Urteil die Pflichten von Google verschärft (Urt. v. 08.12.2022, C-460/20).
Seit 2014 können Menschen Einfluss darauf nehmen, welche Informationen der Suchdienst über sie aufführt, wenn man ihren Namen sucht. Dadurch wurden die Rechte Einzelner im Netz deutlich gestärkt. Wermutstropfen war jedoch, dass die Entscheidung des EuGH auch nur EU-weite Reichweite hatte. Nun zieht der EuGH nach und weitet die Rechte der betroffenen deutlich aus.
Deutsches Paar verlangt Löschung unwahrer Einträge vor dem BGH
Hintergrund war ein beim Bundesgerichtshof anhängiges Verfahren eines deutschen Paares gegen Google. Die Kläger waren in der Finanzdienstleistungsbranche tätig und sahen sich von einem US-amerikanischen Internetportal in Misskredit gebracht. Betrieben wird diese Seite von einem US-Unternehmen, das dafür bekannt ist, gezielt negative Informationen zu verbreiten und die Betroffenen später damit zu erpressen. Da sich das deutsche Paar keine allzu hohen Chancen errechnete, bei diesem dubiosen Unternehmen ihre Rechte auf Unterlassung der Fehlinformationen bzw. Löschung der Einträge durchzusetzen, wendeten sie sich direkt an Google. Google aber weigerte sich, die Links zu den Artikeln zu entfernen, da der Suchdienst nicht beurteilen könne, ob an den erhobenen Vorwürfen etwas dran sei oder nicht. Offenbar hatte der Konzern die Sorge, Content unrechtmäßigerweise zu zensieren.
Kein Lösch-Anspruch bei relevanten und wahren Einträgen
Der EuGH sah das aber anders. Es sei grundsätzlich richtig, beim Schutz personenbezogener Daten diese im Hinblick auf ihre jeweilige gesellschaftliche Funktion zu sehen. Die DSGVO sieht daher ausdrücklich vor, dass ein Recht auf Löschung von Einträgen und Suchergebnissen ausscheide, wenn die betroffenen Daten aufgrund ihrer allgemeinen Bedeutung für das Recht auf freie Informationen erforderlich sind.
Außerdem müsse stets eine Abwägung mit Grundrechten, also insbesondere der Meinungsfreiheit, erfolgen, welche nicht vorschnell eingeschränkt werden darf. Das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationen könne jedoch dann nicht mehr berücksichtigt werden, wenn die jeweiligen Inhalte falsch seien.
Pflicht zur Löschung bei Nachweis falscher Tatsachen und offensichtlich unrichtiger Inhalte
In der Konsequenz – so die Richter – müsse Google die Suchergebnisse bzw. die dahinterstehende Verlinkung löschen, sobald die betroffenen Personen nachweisen können, dass die verlinkte Seite offensichtlich falsche Angaben enthält. Dann könne Google die Löschung vornehmen, ohne dass es einer richterlichen Entscheidung bedarf.
Damit liegt die Nachweispflicht bei den betroffenen Personen. Eine Mitwirkungspflicht durch Google scheidet nach Ansicht des Gerichts aus. Allerdings wird die Nachweispflicht auf das vertretbare Maß reduziert: Betroffene müssen nur die Beweise vorlegen, die „vernünftigerweise verlangt werden können“.
Auch Vorschaubilder unterliegen der Prüfpflicht
Ein besonders starkes Eingriffspotenzial in das Recht auf Schutz des Privatlebens und personenbezogene Daten sehen die Richter bei Bildern. Google spielt neben Suchergebnissen regelmäßig Vorschaubilder aus. Auch hier müsse Google prüfen, ob sie für das Recht auf freie Information erforderlich sind. Je nach Kontext müssten auch solche Bilder gelöscht werden.
Reputation immer bedeutender
Nach der Entscheidung des EuGH hat nun der BGH über das Ausgangsverfahren zu entscheiden und dabei die Wertung des EuGH zu berücksichtigen. Im Ergebnis wird das klagende Paar daher gute Karten haben, dass Google die Suchergebnisse löschen muss.
Eine gute Online-Auffindbarkeit ist für die meisten Unternehmen heute unerlässlich. Sie investieren immer mehr Zeit und Ressourcen in die Pflege ihrer Profile, denn schlechte Bewertungen und negative Berichte können schnell sehr geschäftsschädigend sein. Mit dem Wert der Reputation wächst jedoch auch die Gefahr, durch gezielte Kampagnen geschädigt zu werden. Dieser Gefahr setzt der EuGH mit seiner Entscheidung nun etwas entgegen.