Mehr Zeit für den Einzug des Erben in das Familienheim?
IDW kritisiert Frist von sechs Monaten
Für den steuerfreien Einzug in das Wohnhaus des Erblassers gewährt der BFH regelmäßig nur 6 Monate. Das erscheint den Experten des IDW lebensfremd.
Wird das sogenannte Familienheim innerhalb der Familie vererbt, bleibt dieses steuerfrei, wenn der Erbe dort unverzüglich einzieht und es mindestens 10 Jahre selbst bewohnt. Wie lange er für das „unverzüglich“ Zeit hat, wurde einst vom Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden und wurde nun vom Institut der Deutschen Wirtschaft (IDW) in einem Gutachten thematisiert.
BFH-Entscheidung aus 2019: ein halbes Jahr reicht grundsätzlich
Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) regelt die Steuerbefreiung für das Familienheimin § 13 Absatz 1 Nr. 4b ErbstG (erbender Ehegatte) bzw. Nr. 4c (erbendes Kind). Die Norm fordert, dass das Haus oder die Wohnung „beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist“. Welcher konkrete Zeitraum noch als unverzüglich im Sinne der Vorschrift gilt, hat der Gesetzgeber nicht geregelt. So kam es fast zwangsläufig über diese Frage zum Streit zwischen Erben und Finanzämtern. Eine dieser Auseinandersetzungen landete schließlich beim BFH. Die Richter hielten „regelmäßig einen Zeitraum von sechs Monaten“ als angemessen für einen unverzüglichen Bezug. Wenn ein Erbe das nicht innerhalb dieser Frist schafft, soll er nach Auffassung des BFH darlegen und glaubhaft machen, wann er sich zur Selbstnutzung entschieden hat und warum ihm ein früherer Einzug nicht möglich war.
Vorstoß des IDW zur Erhöhung der Frist
Am 22.04.2023 veröffentlichte das IDW seine „Stellungnahme für den Finanzausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtags zum Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 20/501.“ In der haben sich die Wirtschaftsexperten aus Köln eine Reihe von umstrittenen Regelungen aus dem geltenden Erbschaftsteuerrecht vorgenommen – unter anderem die Frist zur Eigennutzung von vererbten Immobilien innerhalb von Familien. Sie äußern Zweifel daran, dass sechs Monate in der Regel ausreichend sein sollen, um ein geerbtes Objekt zu beziehen. Die vom BFH gesetzte Frist würde häufig an den Lebensrealitäten der Erben vorbeigehen, wenn zum Beispiel mit einem Umzug auch ein Schulwechsel der Kinder verbunden sei oder eine Sanierung der Immobilie vor dem Einzug notwendig sei. Auch würde eine Erhöhung der Frist auf bis zu einem Jahr zu weniger Konflikten mit dem Finanzamt und so letztlich auch zu einer Entlastung der Gerichte führen.
Dauerbrenner Familienheim
Die steuerfreie Erbschaft des Familienheims stellt eine wichtige Entlastung für erbende Angehörige bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer dar. Gleichzeitig gehört diese Steuerbefreiung zu denjenigen, deren Anwendung in der Praxis regelmäßig zum Streit mit dem Erbschaftsteuerfinanzamt führt. Die Einhaltung der vom BFH gesetzten Einzugsfrist ist dabei nur einer von mehreren umstrittenen Punkten. Häufig muss von den Finanzgerichten auch die Frage geklärt werden, ob es sich bei der Immobilie überhaupt um ein Familienheim handelt oder ob und bis wann der Erblasser die Wohneinheit noch selbst genutzt hat bzw. hätte nutzen können.