Datenschutzbeauftragter schlägt Alarm
Umstrittenes Meldeportal der AfD verboten
Umstrittenes Meldeportal der AfD verboten
Ein Beitrag von Desiree Szitnick
Das umstrittene Meldeportal „Neutrale Schule“ der AfD in Mecklenburg-Vorpommern ist nach nur drei Wochen vorerst gestoppt. Eine Datenverarbeitung, aus der sich eine politische Meinung ableiten lasse, sei untersagt, so die Argumentation der Datenschützer.
Hamburg war Vorreiter
Hamburg war der Vorreiter in Sachen Lehrer-Meldeportal. Hier führte die AfD vor gut einem Jahr ein Meldeportal ein, auf dem sich Eltern und Schüler über Lehrer beschweren können und angebliche Verstöße gegen das Neutralitätsgebot – vor allem bei der Kritik gegenüber der AfD - melden können. Der Aufschrei war anfangs groß, mittlerweile hat sich die Aufregung, auch wegen der wenigen seriösen Hinweise, etwas gelegt. Auch in Hamburg prüfte der Datenschutzbeauftragte bereits im vergangenen Herbst die Zulässigkeit des Portals, sah allerdings keine Handhabe.
Dem Hamburger Beispiel folgten im vergangenen Jahr noch weitere Bundesländer wie Berlin und Niedersachsen. Jüngst hatte die AfD eine ähnliche Form des Lehrermeldeportals im Internet auch in Mecklenburg-Vorpommern eingeführt. Seit Anfang September konnten Schüler angebliche Verstöße von Lehrern gegen das Neutralitätsgebot im Portal „Neutrale Schule“ melden. Dabei wurden nicht nur Daten der Schüler, sondern auch der Lehrer verarbeitet. Grund genug für Datenschützer das Portal einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Letztlich hat nun der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Heinz Müller, das Online-Meldeportal der AfD verboten.
Datenerhebung nicht gerechtfertigt
Der Datenschutzbeauftragte hat entschieden, dass die auf dem Portal veröffentlichten Passagen, in denen zur Meldung aufgefordert wird, bis zum 20. September entfernt werden müssen. Anderenfalls drohe ein Zwangsgeld.
Der oberste Datenschützer des Landes stellt sich damit klar auf die Seite der Lehrer. Es dürfe nicht sein, dass diese Angst haben müssten, von „selbsternannten AfD-Aufpassern behelligt zu werden“, so Müller. Lehrer dürften durch das Portal nicht in ihrer Unterrichtstätigkeit eingeschüchtert werden, argumentierte der Datenschutzbeauftragte.
Zudem hält Müller die Datenerhebung selbst für unzulässig. Der AfD-Landesverband erhebe in seinem Portal nicht nur personenbezogene Daten von Schülern, die eine Meldung verfassen. Es werden vielmehr auch gezielt die politischen Meinungen der gemeldeten Lehrer gesammelt. Politische Meinungen stehen allerdings unter einem besonderen rechtlichen Schutz. So ist es in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ausdrücklich angeordnet. Die Datenerhebung verstoße daher gegen die Vorgaben des Datenschutzrechtes.
Ist das noch Neutralität oder schon der virtuelle „Lehrer-Pranger“?
Geht es bei dem Portal also darum, Lehrer zu „verpetzen“, gar zu denunzieren? Soll es der AfD erleichtert werden, Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Lehrer durchzusetzen? Entsteht durch das Portal ein virtueller „Lehrer-Pranger“?
Nein, sagt die AfD selbst und verteidigt ihre Idee eines, aus ihrer Sicht positiven Informationsportals, so Alexander Wolf, Fraktionsvorsitzender und Schulexperte der AfD in Hamburg.
Der AfD-Landesverband in Mecklenburg-Vorpommern stützt seine Datenverarbeitung zudem auf ein „berechtigtes Interesse“ nach der Datenschutzgrundverordnung. Nach dem Datenschutzbeauftragten Müller verkenne die Partei allerdings, dass eine Verarbeitung von Daten, aus der sich politische Meinungen ableiten lassen, nach der DSGVO grundsätzlich untersagt ist. Nur ausnahmsweise unter besonderen Voraussetzungen sei eine solche Verarbeitung erlaubt. Dass diese Voraussetzungen im Rahmen des Meldeportals vorliegen, verneint Müller.
AfD will gegen Entscheidung vorgehen
Der AfD-Landesverband wird sich mit der Entscheidung wohl nicht abfinden und hat schon angekündigt, dagegen vorzugehen. Der AfD-Landesvorsitzende Leif-Erik Holm sprach von einer „parteipolitisch motivierten Willkürentscheidung“. Laut AfD interessiere sich die Partei nicht für die politischen Meinungen der Lehrer. Vielmehr sieht die Partei in dem Verbot ein „abgekartetes SPD-Spielchen“. Es werde versucht, mögliche Missstände an Schulen zu vertuschen, so der AfD-Landesverband in einer Stellungnahme zur Entscheidung des Datenschutzbeauftragten. Nach eigenen Aussagen prüfe die AfD nun eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Müller. Ob das Meldeportal in seiner ursprünglichen Form also doch wieder online gehen wird, wird sich noch zeigen.