Datenankauf, Liechtenstein-Abkommen, OECD-Initiative
Aktuelle Entwicklungen im Steuerstrafrecht
Für viele etwas überraschend kam kürzlich die Meldung, dass das Bundesland NRW weitere Steuer-CDs ankauft. Nach dem Boom in 2014 und der gesetzlichen Neuregelung zum Jahreswechsel war es vergleichsweise ruhig geworden im Steuerstrafrecht. Presseberichten zufolge soll der Kaufpreis für die Daten 5 Millionen Euro betragen. Betroffen sei ein „Handelsvolumen“ von 70 Milliarden Euro und die Rede ist unter anderem von einer Luxemburger Bank. Politisch bleibt der Ankauf solcher Steuer-CDs umstritten. Dass sich die Maßnahme rechnet, dürfte dagegen außer Frage stehen. Das Finanzministerium NRW zählt seit dem ersten Datenkauf 2010 rund 22.300 Selbstanzeigen und Steuernachzahlungen von mehr als 1,8 Milliarden Euro. Politische Einigkeit herrscht dagegen weitgehend bei anderen Maßnahmen im Kampf gegen die Steuerhinterziehung.
Ende Oktober 2015 schlossen die EU und Liechtenstein ein neues Steuertransparenzabkommen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung. Ab 2017 wollen Liechtenstein und die EU-Staaten automatisch Informationen über Konten austauschen. Zeitlich ist die Regelung abgestimmt auf den automatischen Austausch zwischen den EU-Staaten. Ausgetauscht werden im Rahmen des Abkommens Daten wie Name, Anschrift, Steuer-Identifikationsnummern und Geburtsdaten. Gerade die Ausweitung der auf EU-Ebene vereinbarten Instrumente im Steuerstrafrecht auf andere Staaten dürfte ein wichtiger Aspekt im Kampf gegen die Steuerhinterziehung sein. Aus diesem Grund wurde ein entsprechendes Abkommen bereits mit der Schweiz geschlossen und mit anderen vermeintlichen Steueroasen wie Andorra, San Marino und Monaco verhandelt.
Auch diesseits der Schwelle zur strafbaren Steuerhinterziehung soll das Steuersparen schwieriger werden. So legte die OECD globale Regeln für internationale Konzerne vor, die derzeit noch mit grenzüberschreitenden Transaktionen Steuersparmodelle betreiben. Anfang Oktober 2015 legte die OECD einen entsprechenden 15-Punkte-Plan vor, der aggressive Steuergestaltungen und Gewinnverlagerungen erschweren soll. Derzeit nutzen gerade international agierende Multis aus den USA die legalen Steuerschlupflöcher. Der Gesamtschaden bei den Steuereinnahmen, der durch Gewinnverschiebungen entsteht, wird auf 100 bis 240 Milliarden US-Dollar geschätzt. Zukünftig sollen nach dem Willen der OECD dort, wo die Gewinne erwirtschaftet werden, auch angemessene Steuern anfallen.
Hintergrund
Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass der Kampf der Finanzbehörden gegen die Steuerhinterziehung weiter geht. Wenn auch viele Steuerberater und Fachanwälte für Steuerrecht in den vergangenen Monaten einen starken Rückgang von Mandatsanfragen verzeichnen – so gibt es z.B. derzeit kaum noch Selbstanzeigen wegen hinterzogener Kapitaleinkünfte – so gibt es doch noch zahlreiche Sachverhalte, die auch in Zukunft zu Mandaten im Steuerstrafrecht führen werden. Aktionen wie der Ankauf von Steuer-CDs könnten immer wieder dazu führen, dass Steuerhinterzieher den Weg in die Legalität suchen. Auch Steuersünder, die sich heute vermeintlich in außereuropäischen Steueroasen in Sicherheit wiegen, könnten schon bald betroffen sein, wenn der internationale Kampf gegen die Steuerhinterziehung von den Industriestaaten weiter betrieben wird.