Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Das richtige Rezept gegen den Fachkräftemangel?

Die Gewinnung neuer Fach- und Führungskräfte gestaltet sich für Unternehmen in Deutschland zunehmend schwieriger. Egal ob Startup, KMU oder DAX-Konzern – der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig.

Veröffentlicht am: 20.12.2024
Qualifikation: Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Lesedauer:

Alle Stakeholder in der Wirtschaft und Politik wollen das Ruder im Aufenthaltsrecht herumreißen. Man ist sich einig, dass qualifizierte Talente auch international angeworben werden müssen. Eine der größten Herausforderungen der Unternehmen in Deutschland ist und bleibt der Mangel an Fachkräften.

Die Bundesregierung hat daher bereits 2023 eine umfangreiche Reform des Aufenthaltsrechts angestoßen, um Fachkräften aus dem Nicht-EU-Ausland Einreise und Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Die Reform, auch bezeichnet als Fachkräfteeinwanderungsgesetz, wurde mit dem letzten Gesetzgebungsakt bereits im Juni 2024 vorläufig abgeschlossen und aktuelle Zahlen belegen bereits jetzt, dass die Maßnahme Wirkung zeigt: Deutschland zieht mehr ausländische Fachkräfte, Studierende und Auszubildende an.

Neue Möglichkeiten für das internationale Recruiting

Die aus unserer Sicht wichtigste Änderung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes ist die erhebliche Erleichterung bei der Anerkennung der Qualifikation von ausländischen Arbeitnehmern. Durch die Absenkung der bürokratischen Hürden wird das Verfahren insgesamt flexibilisiert und an die Gegebenheiten des internationalen Arbeitsmarktes angepasst. Diese, längst überfällige, Gesetzesänderung bietet Unternehmen in Deutschland jetzt eine Vielzahl von Vorteilen und neuen Möglichkeiten bei der Rekrutierung internationaler Talente:

  • Erleichterte Anerkennung ausländischer Qualifikationen: Fachkräfte können ihre Abschlüsse einfacher und schneller anerkennen lassen.

  • Wegfall der Vorrangprüfung: Unternehmen müssen nicht mehr nachweisen, dass eine Stelle nicht mit EU-Bürgern besetzt werden konnte.

  • Mehr Flexibilität für Berufserfahrene: Erstmals können Fachkräfte allein auf Basis ihrer Berufserfahrung einen Aufenthaltstitel für Fachkräfte erhalten

  • Chancenkarte für Jobsuchende: Die neu eingeführte Chancenkarte ermöglicht qualifizierten Fachkräften die Jobsuche vor Ort.

Deutsche Arbeitgeber in Konzernen, KMUs und Startups profitieren von den Maßnahmen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes dabei unmittelbar. Durch den Abbau bürokratischer Hürden wird internationalen Fachkräften der Zugang zu begehrten Aufenthaltstiteln, wie der Blauen Karte EU, erheblich erleichtert. Das macht entsprechende Stellenangebote in Deutschland auch für Top-Talente attraktiv. Kommen erst einmal die internationalen Talente nach Deutschland, lassen sie sich durch eine Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmen halten – so die Hoffnung der Startups und KMUs.

Erste Zahlen belegen: Die Reform zeigt Wirkung

Die Reform des Aufenthaltsrechts bringt tatsächlich Bewegung in den hiesigen Arbeitsmarkt, wie vorläufige Zahlen des Bundesinnenministeriums (BMI) im November 2024 veröffentlichten, vorläufigen Zahlen zur Fachkräfteeinwanderung zeigen.

Seit Beginn der Reformen im November 2023 

  • wurden 200.000 Visa zu Erwerbszwecken innerhalb eines Jahres erteilt – ein Anstieg um 10 % im Vergleich zu den zwölf Monaten zuvor

  • ist die Zahl ausländischer Studierender aus Drittstaaten um über 20 % angestiegen, während die Zahl der Auszubildenden sogar um zwei Drittel zunahm

  • wurde ein Zuwachs von knapp 50 % bei den Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen verzeichnet

Neben der gesetzlichen Erleichterung der Zuwanderung für Fachkräfte will die Bundesregierung zukünftig auch die Prozesse bei den beteiligten Behörden beschleunigen. Insbesondere soll an schnelleren und digitalen Verfahren gearbeitet werden, um den Bedürfnissen moderner Unternehmen gerecht zu werden.

Vom neuen Aufenthaltsrecht profitieren

Viele Unternehmen in Deutschland standen der Rekrutierung internationaler Fachkräfte bislang oft skeptisch gegenüber – nicht zuletzt aufgrund des überkomplexen deutschen Aufenthaltsrechts. Mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz besteht hierfür nun kein Anlass mehr. Die aktuellen Zahlen des Bundesinnenministeriums zeigen, dass Deutschland mit der Reform des Aufenthaltsrechts wieder an Bedeutung als Standort für Fachkräfte gewinnt. Durch eine Neuausrichtung der Rekrutierungsprozesse auf den globalen Arbeitsmarkt und eine zielgenaue rechtliche Beratung und Begleitung der Verfahren können Unternehmen von diesem Trend unmittelbar profitieren.

Weniger kritisch standen die deutschen Startups internationalen Fachkräften gegenüber. Der Fachkräftemangel stellt auch für deutsche Startups eine erhebliche Herausforderung dar. Während Startups auf Innovation und Agilität setzen, fehlen ihnen häufig qualifizierte Mitarbeiter in Schlüsselbereichen wie IT, Engineering, Marketing und Vertrieb. Die neu angestoßene Dynamik durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird auch durch das Startup-Ökosystem begrüßt.