Was dürfen Online-Bewertungsportale (nicht)?

Kununu-Urteil des OLG Hamburg

Online-Bewertungsportale sind heute essenziell für die Reputation von Unternehmen. Entsprechend häufig kommt es zum Streit, wenn Bewertungen schlecht ausfallen.

Veröffentlicht am: 26.02.2024
Qualifikation: Rechtsanwalt, Fachanwalt für IT-Recht
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In einem jüngst ergangenen Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts hatte sich dieses mit der Frage zu beschäftigen, inwiefern sich Betroffene gegen anonymisierte Bewertungen im Internet wehren können. Die Betroffene erhob zuvor Klage vor dem Landgericht Hamburg gegen das Online-Bewertungsportal „kununu“, welches es den Nutzern ermöglicht, Rezensionen über Arbeitgeber zu verfassen, und begehrte die Löschung von Bewertungen. Dieses wies die Klage zunächst zurück. Das OLG stellte sich jedoch nun in seinem Beschluss auf die Seite der Klägerin. (OLG Hamburg, Beschluss vom 08.02.2024 - 7 W 11/24)

Prüfpflichten des Portals kununu

Im Engeren drehte sich der Rechtsstreit um die Frage, welche konkreten Prüfpflichten die Plattform „kununu“ treffen, wenn der Bewertete beanstande, dass zwischen ihm und dem Verfasser der Rezension niemals eine geschäftliche oder berufliche Beziehung bestanden habe.

Der BGH hatte im Jahre 2022 nämlich bereits entscheiden, dass die Anforderungen an die Rügepflicht des Betroffenen gering zu halten und es ausreicht, wenn dieser einen geschäftlichen Kontakt anzweifelt. Grund hierfür war nach Ansicht des BGH, dass der Bewertete i.d.R. über keine Möglichkeiten verfügt, den Sachverhalt, der ja die Grundlage der Bewertung darstellt, aufzuklären. Eine Konkretisierung der daraus resultierenden Pflichten nahm der BGH jedoch nicht vor. (BGH, Urteil vom 09.08.2022 - VI ZR 1244/20)

Plattformbetreiber trifft Pflicht zur Nennung des Klarnamens

Knackpunkt des vorliegenden Falles war, dass die Klagegegnerin den Rezensionsverfasser zwar dazu aufgefordert hat, entsprechende Tätigkeitsnachweise vorzulegen. Nach Erhalt dieser anonymisierte sie die Nachweise aber derart, dass sich die Identität des Verfassers nicht mehr aus den Unterlagen ergeben konnte, die sie anschließend der Klägerin zugeschickt hat.

Nach Ansicht der vorausgegangenen Entscheidung des LG ist die Plattform damit ihren Prüfungspflichten nachgekommen, weil diese Unterlagen ausreichend seien, um eine tatsächliche Mitarbeiterstellung (beruflicher Kontakt) nachweisen zu können.

Das OLG trat dieser Entscheidung im Rahmen der sofortigen Beschwer deutlich entgegen und führte an, dass durch die Anonymisierung der Unterlagen zwar grundsätzlich erkennbar werden kann, dass diese aus dem Geschäftsbereich eines bestimmten Unternehmens stammen. Allerdings sei es der Betroffenen weiterhin nicht möglich zu identifizieren, von welchen konkreten Mitarbeiter:innen die Bewertung verfasst wurde.

Die Plattformbetreiberin trifft deshalb eine Pflicht zur Nennung des Klarnamens des Bewerters, wenn sie ihre Prüfpflichten ordnungsgemäß erfüllen will. Dies ergebe sich nach Ansicht des OLG auch daraus, dass die Bewertete anderenfalls wehrlos gegenüber der Behauptung des Plattformbetreibers ausgesetzt, dass ein geschäftlicher Kontakt bestanden habe.

Besonderheiten einer Plattform zur Bewertung von Arbeitgebern

Das OLG beschäftigte sich ferner damit, ob das Verhältnis zwischen (ehemaligen) Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen, welches der Bewertung hier zugrunde lag, eine andere rechtliche Beurteilung bzgl. der Erfüllung der Prüfpflichten des Betreibers rechtfertigen würde. Weder den Umstand, dass der Arbeitgeber bei der Bewertung durch einen Arbeitnehmer möglicherweise bessere Aufklärungsmöglichkeiten zukommen als einem Unternehmen, welches sich mit Kundenbewertungen herumschlägt, noch die potenzielle Gefahr, dass (ehemalige) Arbeitnehmer:innen ihren Klarnamen aus Angst vor negativen Folgen nicht nennen wollen, hielt das OLG jedoch für ausreichend, um eine andere rechtliche Bewertung zu rechtfertigen

Auch datenschutzrechtliche Bedenken, die gegen eine Veröffentlichung des Klarnamens zur Verhinderung der Löschungspflicht sprechen, bestehen nach Ansicht des OLG nicht.