Neue Spielregeln im Kartellrecht

Aber nicht alle wollen mitspielen

Veröffentlicht am: 07.02.2017
Von: ROSE & PARTNER Rechtsanwälte Steuerberater
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Aber nicht alle wollen mitspielen

Ein Gastbeitrag von Sonja Dähnhardt

Die neunte GWB Novelle hält einige interessante Änderungen bereit. Bei der Expertenbefragung im Ausschuss des Bundestags für Wirtschaft und Energie stieß der Gesetzesentwurf der Bundesregierung allerdings nicht nur auf Lob, sondern erntete von verschiedenen Seiten auch erhebliche Kritik.

Das Bundeskartellamt freut sich...

Zumindest bei der deutschen Kartellbehörde wird der Reformentwurf in seinen wesentlichen Punkten gut aufgenommen.

... über größere Kontrollmöglichkeiten bei der Übernahme von Start-ups

Unter anderem begrüßt das Bundeskartellamt die künftig geplante Ausdehnung von Fusionskontrollen auch auf Start-up-Unternehmen. Bei solchen Start-ups kann es vorkommen, dass die erzielten Umsätze noch vergleichsweise gering sind, größere Unternehmen aber großes Potenzial oder auch eine drohende Konkurrenz sehen, wodurch ein besonders hoher Kaufpreis bei Unternehmenskäufen erzielt wird. Als Folge der Kartellrechtsreform verspricht sich Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt, Fusionen bereits dann auf ihre potentiellen wettbewerbsrechtlichen Auswirkungen überprüfen zu können, wenn sich eben dieses Potential „noch nicht in den konkreten Umsätzen“ der beteiligten Unternehmen widerspiegelt.

... über die künftige Mithaftung von Konzernmüttern

Neben einer Kontrollmöglichkeit von Start-up-Fusionen begrüßt Mundt besonders die neuen Möglichkeiten der Kartellbehörden Bußgelder auch gegen lenkende Konzernmütter oder eventuelle wirtschaftliche Nachfolger der handelnden Gesellschaft zu verhängen. Gerade diese Veränderung trifft aber auf Seiten der Industrie auf Unmut.

„Gänzlich falsch“ – die Industrie übt harsche Kritik am Gesetzesentwurf

Durch die Ausdehnung des gesellschaftsrechtlichen Trennungsprinzips sieht der Bundesverband der Industrie „grundlegende Rechtsprinzipien“ des deutschen Gesellschaftsrecht gefährdet. Grundsätzlich werden im deutschen Gesellschaftsrecht einzelne Unternehmen als eigene Haftungsobjekte behandelt, selbst wenn sie aus wirtschaftlicher Sicht eine Einheit bilden. Innerhalb eines Konzerns sammelt sich nun in aller Regel das Konzernvermögen in der Holding, also der Konzernmuttergesellschaft, während die kartellrechtlich relevanten Handlungen zumeist auf die einzelnen Tochterunternehmen zurückzuführen sind.

So kam es in der Vergangenheit wiederholt zu Umstrukturierungen und Vermögensverschiebungen innerhalb von Konzernstrukturen, wodurch das Bundeskartellamt in seinen Möglichkeiten Bußgelder gegen Kartellrechtssünder zu vollstrecken eingeschränkt wurde. Prominentes Beispiel der jüngeren Vergangenheit ist die Umstrukturierung der Zur-Mühlen-Gruppe, wodurch Alleineigentümer Clemens Tönnies eine Bußgeldzahlung in Höhe von knapp 130 Millionen Euro umgehen konnte. Trotz dieser Haftungslücken halten Vertreter der Industrie eine Ausweitung der Haftungsmöglichkeiten für nicht notwendig und fürchten die Aushebelung des Trennungsprinzips, das sich schließlich bis jetzt im deutschen Gesellschaftsrecht bewährt habe.

Die Linken wollen auch das Ende der Ministererlaubnis

In einem eigenen Antrag verweisen die Linken auf die aktuelle Debatte um die Kaiser’s-Tengelmann Übernahme durch den Supermarktriesen Edeka und fordern die die umstrittene Ministererlaubnis abzuschaffen. Bei einer Sondererlaubnis würde die vorherige Entscheidung der Kartellbehörde außer Kraft gesetzt, was nicht dem Minister allein überlassen sein solle. Die Ministererlaubnis sei deshalb durch eine „Parlamentserlaubnis“ zu ersetzen.