Legal Finance bei B2B-Klagen
Prozessfinanzierung bei teuren Commercial Streitigkeiten
Die Risiken eines Gerichtsstreits lassen sich nicht nur bemessen, sondern auch absichern. Wie ein solches Risk Hedging für Gerichtsstreitigkeiten aussehen kann, zeigen wir in diesem Beitrag.
Unternehmer, die vor der Entscheidung stehen, eine kostenintensive Klage zu führen, sehen sich häufig einem finanziellen Dilemma gegenüber: Die Rechtsdurchsetzung ist mit hohen Kosten verbunden. Die Prozesskosten belasten die benötigte Liquidität und können sogar die Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) düster aussehen lassen. Eine oft unbekannte Möglichkeit zur Lösung dieses Problems ist die Prozessfinanzierung. Sie ermöglicht es, die finanziellen Belastungen eines Klageverfahrens zu mindern und den Cashflow zu schonen.
Wie funktioniert Finanzierung von B2B-Klagen?
Unternehmen können das hohe Kostenrisiko durch eine Prozessfinanzierung absichern. Aber was genau bedeutet Prozessfinanzierung?
Bei der Prozessfinanzierung handelt es sich um eine Dienstleistung, bei der ein unabhängiger Investor die Kosten eines Gerichtsprozesses übernimmt. Im Erfolgsfall erhält der Investor einen vorher vereinbarten Anteil der im Wege des Gerichtsverfahrens gewonnenen Klagesumme. Die Prozessfinanzierung ermöglicht es dem klagenden Unternehmen, seine Ansprüche ohne eigene finanzielle Belastung durchzusetzen, während das finanzielle Risiko auf den Prozessfinanzierer verschoben wird.
Die Prozessfinanzierung ist in Deutschland im Rahmen von Verbraucherschutzklagen wie dem VWDiesel-Skandal, den Fluggastrechten und im Bankensektor den Darlehenswiderrufen populär geworden. Das Instrument der Prozessfinanzierung lässt sich aber auch im B2B-Sektor nutzen, wenn Unternehmen gegen andere Unternehmen hohe Summen einklagen wollen.
Vorteile der Prozessfinanzierung
Litigation Finance bei Unternehmerklagen bietet eine erhebliche finanzielle Entlastung. Die Finanzierung der Durchsetzung von Forderungen lässt sich sowohl bei staatlichen Gerichtsprozessen als auch bei teuren Schiedsverfahren einsetzen. B2B-Klagen, insbesondere nach gescheiterten Geschäftsbeziehungen, können immense Kosten verursachen. Ein Beispiel hierfür ist eine Managerhaftungsklage gegen einen Geschäftsführer, der einen Millionenschaden verursacht hat. Solche Verfahren sind nicht nur teuer, sondern auch unsicher in ihrem Ausgang. Anwalts- und Gerichtskosten können schnell steigen, insbesondere wenn das Verfahren in die Berufung geht.
Im Zivilprozessrecht gilt hinsichtlich der Kostenverteilung der Grundsatz "The winner takes it all“. Das heißt, dass der Kläger im Falle einer Niederlage alle Prozesskosten trägt (gemäß § 91 ZPO), einschließlich der Gerichtskosten, der eigenen Anwaltskosten und der Kosten des gegnerischen Anwalts. Konkret in Zahlen ausgedrückt: bei einer Klage über 1,0 Mio. Euro belaufen sich die Prozesskosten nach einem verlorenen Verfahren in der zweiten Instanz auf über 110.000 Euro. Bei einem Streitwert von 5,0 Mio. Euro entstehen bei einer Niederlage in der zweiten Instanz Prozesskosten von knapp 400.000 Euro. Diese Zahlen verdeutlichen, wie belastend Prozesskosten für mittelständische Unternehmen sein können.
Bei Schiedsverfahren steigen sogar die finanziellen Risiken. Hier sind die Kostendes gegnerischen Anwalts im Gegensatz zum staatlichen Gerichtsverfahren nicht gesetzlich gedeckelt. Dies macht Schiedsverfahren teurer, da oft hochspezialisierte und teure Anwälte ihren Preis haben.
Insbesondere in Konstellationen, in denen kleinere Unternehmer gegen Großkonzerne ihre Forderung durchsetzen wollen, lässt sich mit der Prozessfinanzierung die Verhandlungsbasis der kleineren Klägerseite verbessern. Mit Unterstützung eines Prozessfinanzierers kann das klagende Unternehmen eine stärkere Verhandlungsposition einnehmen, was die Chancen auf eine Vergleichslösung erhöht.
Überdies erfolgt eine Liquiditätssicherung. Die Liquidität des Unternehmens bleibt unangetastet, da keine eigenen Mittel für den Rechtsstreit aufgewendet werden müssen. Schließlich lassen sich auch bilanztechnische Vorteile ausmachen. Das Unternehmen muss keine ertragswirksamen Rückstellungen für Prozesskosten bilden, wenn ein Finanzierer mit im Boot sitzt. Kosten für den gegnerischen Anwalt oder Widerklagen lassen sich absichern, was die GuV sauber hält und den Gewinn in der Finanzbuchhaltung nicht reduziert. Insbesondere erfolgsabhängige Tantieme-Zahlungen des Managements werden so auch bei teuren Prozessen nicht negativ tangiert.
Ausblick zur Prozessfinanzierung
Prozessfinanzierung ist eine strategische Lösung zur Absicherung hoher Kostenrisiken. Sie ist hierzulande bei Verbraucherschutzverfahren populär geworden, leistet aber immer wieder bei kostenintensiven Klageverfahren im B2B-Bereich einen wertvollen Beitrag beim Zugang zum Recht. Die Prozessfinanzierung ermöglicht es Unternehmen, ohne finanzielles Risiko hoch qualifizierte Anwälte zu engagieren und ihre Verhandlungsposition zu stärken, während die Liquidität unangetastet bleibt.
Eine Prozessfinanzierung kommt immer dann in Betracht, wenn der geplanten Klage gute Erfolgsaussichten attestiert werden können und eine Bonität auf der Beklagtenseite besteht. Die Prozessfinanzierung ist nicht auf inländische Beziehungen beschränkt. Sie wird oft bei der Geltendmachung von Klagen im internationalen Kontext genutzt. Die Erfolgsbeteiligung des Finanziers ist - abhängig von der Klage und ihren Risiken - unterschiedlich gestaltet. In aller Regel beansprucht der Prozessfinanzierer einen Anteil von 20 % bis 40 %, wobei zum Teil mit Mindest-Multiples des eingesetzten Betrags von 1,5 bis 3,0 gearbeitet wird. Wenn der Prozessfinanzierer also 200.000 Euro eingesetzt hat und ein Mindest-Multiple von 2,0 vereinbart, erhält er im Erfolgsfall mindestens 400.000 Euro.