Einladung zur Gesellschafterversammlung vs. der unbekannte Erbe

Was passiert mit Stimmrecht & Co, wenn der Gesellschafter stirbt?

Der Tod eines Gesellschafters führt häufig zu rechtlichen Komplikationen. Richtig groß werden diese, wenn der Erbe unbekannt ist. Eine aktuelle Entscheidung des OLG Brandenburg wirft Licht auf die Frage der Teilnahme unbekannter Erben an Entscheidungen der Gesellschafterversammlung in einer GmbH. Was in dieser Situation zu beachten ist und woran beim Tod eines Gesellschafters gedacht werden sollte, lesen sie hier.

Veröffentlicht am: 11.03.2024
Qualifikation: Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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Tod des Gesellschafters

Im Fall des OLG Brandenburg (Beschluss vom 2.1.2024 – Az. 7 W 66/23) gab es in der betreffenden GmbH zwei Gesellschafter, von denen einer unerwartet verstarb. Die Erben des verstorbenen Gesellschafters waren leider nicht bekannt. Die Satzung der GmbH enthielt offensichtlich keine Regelungen für diesen Fall.

Die Satzung sah allerdings für den Tod des Gesellschafters folgende Regelung vor:

„1. Beim Tod eines Gesellschafters sind nur Mitgesellschafter nachfolgeberechtigt. Geht ein Geschäftsanteil auf eine nicht nachfolgeberechtigte Person über, ist er an eine nachfolgeberechtigte Person zu übertragen, wenn die Gesellschaft dies innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem der Gesellschaft ein Erbschein über die Erbfolge vorgelegt worden ist, verlangt. […]

4. Bis zur Übertragung und Anzeige bei der Gesellschaft ruhen die Gesellschafterrechte mit Ausnahme des Gewinnbezugsrechts.“

Die verbliebene Gesellschafter-Geschäftsführerin war ausweislich der Satzung bzw. des Gesellschafterbeschlusses nur gesamtvertretungsberechtigt, d.h. sie konnte die GmbH nicht allein vertreten. Sie beschloss daraufhin in einer Gesellschafterversammlung, dass sie die GmbH zukünftig allein vertreten darf (bzw. Bestellung als alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin).

Nachlasspfleger bei Tod des Gesellschafters?

Die verbliebene Gesellschafter-Geschäftsführerin beantragte beim Registergericht die Eintragung der Änderungen sowie die Löschung des verstorbenen Gesellschafters als Geschäftsführer aus dem Handelsregister.

Das Registergericht lehnte dies ab und ordnete an, dass die Gesellschaft einen Nachlasspfleger (für den verstorbenen Gesellschafter) zu bestellen habe und dieser zur Versammlung einzuladen sei – unabhängig davon, dass die Gesellschafterrechte im Falle des Todes eines Gesellschafters entsprechend der Satzung ruhten. Die Gesellschaft legte gegen diese Anordnung Beschwerde ein.

Teilnahmerecht der Erben an der Gesellschafterversammlung

Das OLG Brandenburg war etwas anderer Auffassung als das Registergericht.

Zunächst führte es aus, dass die Erben des verstorbenen Gesellschafters zwingend zur Gesellschafterversammlung einzuladen seien. Es sei zwar zulässig, dass im Todesfall eines Gesellschafters bestimmte Gesellschafterrechte für eine Übergangszeit, insbesondere bis zum Vollzug der Nachfolge in die Gesellschafterstellung, ruhend zu stellen. Dies gelte auch für das Stimmrecht des verstorbenen Gesellschafters. Dem Erben des verstorbenen Gesellschafters könne aber nicht das Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung entzogen werden. Die Erben seien – ungeachtet eines etwaigen Ruhens des Stimmrechts – zwingend zu jeder Gesellschafterversammlung zu laden. Würden diese nicht eingeladen werden, läge ein wesentlicher Beschlussmangel vor, der zur Nichtigkeit etwaiger von der Gesellschafterversammlung gefasster Beschlüsse führe. Mit anderen Worten: Ohne Ladung keine wirksame Entscheidung der Gesellschafterversammlung.

Betreffend die Bestellung eines Nachlasspflegers sah das OLG Brandenburg die GmbH im Recht. Die Satzung der GmbH eröffne der GmbH die Möglichkeit, etwaige Hängepartien nach dem Tod eines Gesellschafters zu lösen. Diese seien vorrangig zu nutzen – das Registergericht könne hier nicht vorgreifen und nach Gutdünken die Bestellung eines Nachlasspflegers anordnen.

Praxistipp – Was tun bei Tod eines Gesellschafters?

Die Entscheidung führt noch einmal vor Augen, dass Gesellschafter und GmbH, klare Regelungen für den Umgang mit dem Tod eines Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag der GmbH vorhalten sollten. Das reicht von der Frage der Nachfolge der Erben in die Gesellschafterstellung bis zum Umgang mit Erbengemeinschaften als Gesellschafter. Daneben ist es wichtig, auch Mechanismen in der Satzung zu haben, die regeln wie mit unbekannten Erben umzugehen ist.

Fehlen entsprechende Regelungen, kommt es schnell zur Blockade der Geschäftsführung und der Gesellschafterversammlung – verbunden mit weitreichenden negativen Folgen für die Gesellschaft. Vorsorge im Erbrecht und Gesellschaftsrecht müssen daher Hand-in-Hand gehen.