Einführung von Kontrollgremien in der GmbH
Anforderungen an gesellschaftsvertragliche Öffnungsklauseln
Welche Anforderungen werden an gesellschaftsvertragliche Öffnungsklauseln zur Errichtung eines Aufsichtsrats in einer GmbH gestellt? Sind diese durch einen einfachen Gesellschafterbeschluss möglich, wenn der Gesellschaftervertrag das vorsieht?
Im Gegensatz zur Aktiengesellschaft mit ihren drei gesetzlich vorgeschriebenen Organen (Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand) sieht das GmbHG lediglich die Gesellschafterversammlung und die Geschäftsführung als Organe der GmbH vor. Freilich kann auch in der GmbH ein weiteres Organ, z.B. ein als Aufsichtsrat, Beirat oder Verwaltungsrat bezeichnetes Gremium, installiert werden. Die Befugnisse eines derartigen Organs können in weitem Umfang von den Gesellschaftern festgelegt werden.
Unklar war bisher, ob ein solches Gremium auch durch einfachen Gesellschafterbeschluss errichtet werden kann oder hierfür ein notariell zu beurkundender satzungsändernder Beschluss erforderlich ist. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun mit Urteil vom 02.07.2019 (Az.: II ZR 406/17) entschieden, dass für die Einführung eines solchen Gremiums ein einfacher Gesellschafterbeschluss nur dann ausreichend ist, wenn der Gesellschaftsvertrag der GmbH die entsprechende Einführung eines solchen durch eine hinreichend bestimmte Öffnungsklausel vorsieht.
Hintergrund der Entscheidung
Geklagt hatte ein GmbH-Geschäftsführer, der mit einstimmigem Beschluss eines (fakultativen) Aufsichtsrats der GmbH, abberufen worden war. Der Geschäftsführer war der Auffassung, dass seine Abberufung unwirksam sei, weil der Aufsichtsrat seinerzeit nicht wirksam errichtet worden sei und ihn damit auch nicht habe abberufen können.
Der Aufsichtsrat war durch nicht notariell beurkundeten und auch nicht in das Handelsregister eingetragenen Beschluss der Gesellschafterversammlung errichtet worden.
Der Gesellschaftsvertrag der GmbH enthielt jedoch eine Regelung, die es den Gesellschaftern erlaubte, einen Aufsichtsrat zu installieren (sog. Öffnungsklausel). Ferner enthielt die Öffnungsklausel die Ermächtigung an die Gesellschafter, die einzelnen Aufgaben und Befugnisse des Aufsichtsrats festzulegen (sog. doppelte Öffnungsklausel).
Die Gesellschafterversammlung übertrug dem Aufsichtsrat in der Folge unter anderem die Befugnis zur Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer.
Das Kammergericht Berlin (KG), als Vorinstanz, gab dem klagenden Geschäftsführer recht und entschied, dass die Einrichtung des Aufsichtsrats durch Gesellschafterbeschluss unwirksam sei, weil es sich dabei um eine Satzungsänderung handele, die nur durch notarielle Beurkundung (§ 53 Abs. 2 GmbHG) und Eintragung im Handelsregister(§ 54 Abs. 3 GmbHG) wirksam werden könne. Das KG argumentierte, dass die Bestimmungen der §§ 53 und 54 GmbHG zwingendes Recht darstellen, welche nicht durch gesellschaftsvertragliche Abmachungen („Öffnungsklauseln“) außer Kraft gesetzt werden könnten. Eine Ermächtigung zur Regelung sei schließlich nicht schon die Regelung selbst, vielmehr nur eine Voraussetzung dafür, sie durch Gesellschafterbeschluss – unter Einhaltung der zwingenden Bestimmungen des GmbHG – treffen zu können. Schließlich habe GmbH, die in ihrer Satzung die Möglichkeit der Errichtung eines Aufsichtsrats vorsähe, bis zur Errichtung desselben keinen Aufsichtsrat. Die Umwandlung einer GmbH ohne Aufsichtsrat in eine GmbH mit Aufsichtsrat sei aber unzweifelhaft eine tiefgreifende Änderung der Gesellschaftsverfassung und unterliege als solche den zwingenden Bestimmungen der §§ 53 und 54 GmbHG. Würden diese Bestimmungen nicht eingehalten, könne ein Aufsichtsrat trotz Öffnungsklausel nicht wirksam errichtet werden.
Argumentation des BGH
Der BGH hat die Entscheidung des KG nicht geteilt und erklärt, dass die Errichtung eines Aufsichtsrats mittels einfachen Gesellschafterbeschlusses zulässig sei, sofern die Satzung einer GmbH eine hinreichend bestimmte Öffnungsklausel enthält.
Denn eine hinreichend bestimmte Öffnungsklausel im Gesellschaftsvertrag, die den Gesellschaftern die Möglichkeit einräume, zu einem späteren Zeitpunkt einen Aufsichtsrat zu errichten, nehme die mit dessen tatsächlicher Installation verbundene Strukturänderung bereits vorweg. Machten die Gesellschafter später von der Ermächtigung zur Bildung eines Aufsichtsrats Gebrauch, würde kein von der Satzung abweichender rechtlicher Zustand begründet. Vielmehr handele es sich bei der auf der Basis einer Öffnungsklausel vorgenommenen Einrichtung eines Aufsichtsrats um die Herstellung des im Gesellschaftsvertrag bereits angelegten Zustands.
Erforderlich sei aber, dass neben der Grundsatzentscheidung über die Möglichkeit der Einrichtung eines Aufsichtsrats die wesentliche Aufgabe des Aufsichtsrats, etwa die Überwachung der Geschäftsführung, im Gesellschaftsvertrag ihre Grundlage findet. Auch etwaige weitere Kompetenzen, die auf den Aufsichtsrat übertragen werden sollen, müssen jedenfalls in den Grundzügen schon im Gesellschaftsvertrag aufgeführt werden.
Praktische Konsequenzen
Ein Aufsichtsrat, Beirat oder vergleichbares Organ, dem auch Kontrollbefugnisse bei der GmbH zugewiesen werden sollen, kann nur eingerichtet werden, wenn die Satzung dies zulässt.
Neben der unmittelbaren Errichtung eines Aufsichtsrates in der Satzung oder durch einen satzungsändernden Beschluss der Gesellschafterversammlung, kann die Beschlussfassung über die Errichtung durch eine sog. Öffnungsklausel in der Satzung, welche die Einrichtung eines Aufsichtsrats generell ermöglicht, auch auf einen späteren Zeitpunkt verlagert werden.
Zur Wirksamkeit einer solchen Öffnungsklausel muss der Gesellschaftsvertrag, neben der Ermächtigung zur Einrichtung eines Aufsichtsrats, zwingend auch die Zuständigkeiten des Aufsichtsrats festlegt. Eine die Gesellschafterversammlung zur Einrichtung eines Aufsichtsrats ermächtigende Öffnungsklausel muss jedoch nicht jede Einzelheit regeln, sondern kann die nähere Ausgestaltung auch den Gesellschaftern überlassen.
Die Zuständigkeiten können also bereits durch konkrete Regelungen im Gesellschaftsvertrag bestimmt oder durch eine sog. doppelte Öffnungsklausel zu einem späteren Zeitpunkt durch die Gesellschafter konkretisiert werden. Erforderlich ist dann aber, dass die Befugnisse und Kompetenzen, die der Aufsichtsrat nach seiner Einsetzung haben soll, in den Grundzügen schon in der Satzung aufgeführt sind.