Ausschluss aus Familiengesellschaft
Streit über den Verstoß gegen Vinkulierungsklauseln
Familiengesellschaften ermöglichen die Bewahrung von Vermögen innerhalb der Familie, doch der rechtliche Schutz des Gesellschafterkreises erfordert durchdachte Vertragsregelungen, um Interessenkonflikte und Umgehungsversuche zu vermeiden.
Familiengesellschaften bieten viele Vorteile, wenn es um die steuerliche Optimierung und den langfristigen Erhalt von Vermögen innerhalb der Familie geht. Aufgrund der nicht selten unterschiedlichen Interessen von Familienstämmen und auch einzelnen Familienmitgliedern bergen Familiengesellschaften größere rechtliche Herausforderungen. Eine dieser großen Herausforderungen ist die Beschränkung des Gesellschafterkreises. Dabei ist es egal, ob es sich um eine Familiengesellschaft in Form einer GbR, GmbH & Co. KG oder auch GmbH handelt.
Beschränkung des Gesellschafterkreises in der Familiengesellschaft
Klassisches Instrument der Beschränkung bzw. „Gestaltung“ des Gesellschafterkreises einer Familiengesellschaft sind Regelungen zur Nachfolgestruktur im Todesfall, Exit-Klauseln für Gesellschafter und Vorkaufs- und Vorerwerbsklauseln. Aber auch Stimmrechtsbeschränkungen, die sicherstellen sollen, dass Entscheidungsbefugnisse innerhalb der Familie verbleiben, können mittelbar zur Gestaltung des Gesellschaftskreises beitragen.
Neben diesen Instrumenten spielen in der Praxis insbesondere sogenannte Vinkulierungsklauseln eine bedeutende Rolle. Sie binden in unterschiedlicher Weise die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen an die Zustimmung der anderen Gesellschafter. Diese zwangsweise Bindung stößt nicht immer auf die Liebe aller Gesellschafter, sodass Familienmitglieder und Familienstämme nicht selten nach alternativen Wegen suchen. Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (OLG Hamm, Urteil vom 19.06.2023, Az. 8 U 21/23) zeigt, dass der alternative Weg wohl überlegt sein sollte.
Versuch der Umgehung der Vinkulierung
Was war im Fall des OLG Hamm geschehen? Die Familiengesellschaft im Fall des OLG Hamm bestand aus zwei Familienstämmen, die in Form von zwei Beteiligungsgesellschaften an der Familien-KG beteiligt waren. Zwischen diesen beiden Familienstämmen herrschte Streit über die grundsätzliche strategische Ausrichtung der Gesellschaft. Ein Familienstamm wollte daraufhin seine Beteiligung an einen familienfremden Finanzinvestor verkaufen.
Der Gesellschaftsvertrag der Familien-KG enthielt jedoch eine Vinkulierungsklausel. Diese sah vor, dass die Veräußerung von Anteilen an der Gesellschaft (Komplementär- und Kommanditanteile) zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung der Gesellschafter durch Beschluss bedarf. Die unmittelbare Veräußerung der Beteiligung an einen familienfremden Finanzinvestor war daher nicht ohne weiteres möglich. Man kam daher auf die Idee, die Beteiligung in einem ersten Schritt an eine Gesellschaft zu übertragen, die einem Mitglied des betreffenden Familienstamms gehört. In einem zweiten Schritt könnte dann dieses Familienmitglied, da es nicht der Vinkulierungsklausel unterfiel, die Beteiligung an den familienfremden Finanzinvestor verkaufen. Die Idee wurde sodann in einen Rahmenvertrag gegossen.
Nachdem die Beteiligungsgesellschaft des anderen Familienstamms über den Abschluss des Rahmenvertrags informiert worden war, fasste diese einen Beschluss zur Ausschließung des die Veräußerung betreibenden Familienstamms. Der Abschluss des Rahmenvertrages laufe auf eine Umgehung und damit auf einen Verstoß gegen die Vinkulierungsklausel hinaus. Dieser Verstoß stelle einen wichtigen Grund zum Ausschluss aus der Gesellschaft dar.
Eingebettet in ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bestätigte das OLG Hamm (vorläufig) den Gesellschafterbeschluss zum Ausschluss des die Veräußerung betreibenden Familienstammes.
Absicherung der Vinkulierung im Gesellschaftsvertrag
Die Entscheidung des Gerichts legt ein Problem sämtlicher Vinkulierungsklauseln offen. Die zwangsweise Bindung der Gesellschafter durch Beschränkungen des Verkaufs bzw. der Veräußerung von Beteiligungen bedingen zwangsweise die Suche nach kreativen Umgehungsstrategien. Einfache Vinkulierungsklauseln bieten daher nur einen begrenzten Schutz betreffend die Struktur und die Zusammensetzung des Gesellschafterkreises.
Gesellschaftsvertragliche Regelungen sollten daher zumindest versuchen, mittelbare Übertragungen einzufangen. Insbesondere sogenannte Change-of-Control-Klauseln können hier wirksamen Schutz bieten.
Ausschluss aus wichtigem Grund aus Familiengesellschaft
Ergänzend dazu sollte der Gesellschaftsvertrag der Familiengesellschaft die Bedeutung und das Gewicht der Beschränkung des Gesellschafterkreises ausdrücklich widerspiegeln. Dieses Widerspiegeln kann an verschiedenen Stellen des Gesellschaftsvertrages erfolgen. Eine dieser Stellen ist die Definition der Gründe, welche den Ausschluss eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft rechtfertigen. Der Gesellschaftsvertrag der Familien-KG im Fall des OLG Hamm war an dieser Stelle nicht klar formuliert; ein Verstoß gegen die Vinkulierungsklausel war nicht als Grund für den Ausschluss definiert. Im Wege der Auslegung kam das Gericht jedoch zu dem Schluss, dass eine Verletzung der Vinkulierungsklausel (die das Gericht bereits im Abschluss des Rahmenvertrages sah) einen Grund liefere, der den Verbleib des die Veräußerung betreibenden Familienstammes dem anderen Stamm unzumutbar mache.
Sorgfalt bei Gesellschaftsvertrag und potenzielle Umgehungen
Was lehrt das Urteil? Nun, zum einen sollte allen Regelungen des Gesellschaftsvertrages größte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dies gilt nicht nur für die Gründung einer Familiengesellschaft, sondern auch für die ratsamen regelmäßigen Überprüfungen und Anpassungen des Vertrages. Zum anderen ist Gesellschaftern geraten, die Folgen möglicher Umgehungsgeschäfte sorgfältig abzuwägen: Ein Ausschluss ist meist endgültig und kann im Fall von bad leaver Regelungen und „normalen“ Abschlägen auf die Abfindung finanziell sehr weh tun …